Seit 1970: Alle Jahre wieder!
Die Einsiedler Pyramide auf einer Fotografie vom 1. Dezember 2012. Seit 1970 dreht sie jährlich ab Samstag vor dem 1. Advent hier ihre Runden. Aber bevor wir in die Historie unseres heimatlichen Bauwerkes einsteigen … was sind eigentlich Weihnachtspyramiden?
Vereinfacht gesagt sind es karussellartig aufgebaute Lichtergestelle und in Deutschland bereits seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Allerdings handelte es sich damals durchweg um Anfertigungen für die „Guten Stuben“. Die erste Freiland-Pyramide wurde 1933 durch den Frohnauer Schnitzerverein gebaut. Politische Querelen der sozialdemokratischen Erbauer mit den regierenden Nationalsozialisten bereiteten dieser Pyramide bereits wenige Jahre später ein vorläufiges Ende, der Schnitzerverein zerlegte die Pyramide wieder. In anderen Orten des Erzgebirges entstanden allerdings bis 1945 noch etwa sieben dieser großen Zeugen dörflichen Gemeinschaftslebens. Viele Berufszweige einer Ortschaft legten gemeinsam Hand an, kündigte doch die fertige Pyramide von der Handwerkskunst ihrer Erbauer. In den 1960er-Jahren erlebte dann der Pyramidenbau im Erzgebirge einen Boom. Bis zur Wende entstanden um die 100 Freiland-Pyramiden, ihre Zahl hat sich seither wohl mehr als verdoppelt.
So, und jetzt geht’s zurück. Zurück nach Einsiedel in die DDR. Wir schreiben das Jahr
1970
„Schöner unsere Städte und Gemeinden – Mach mit!“ war seit Ende der 1960er-Jahre eine staatlich gelenkte Bürgerinitiative in der DDR. Im Zuge dieses „Sozialistischen Wettbewerbes“ kam der seinerzeitige Einsiedler Bürgermeister Günter Uhlig (SED) auf die Idee zu dieser Pyramide. Es galt, dazu passende Mitstreiter zu finden, denn es war freilich keine Aktion, die reiner physischer Kraft und eines freien Samstags bedurfte, sondern hier war Fachwissen und der Wille zum Durchhalten gefragt. Und die Fähigkeit zur Materialbeschaffung … die hatten in der DDR allerdings viele.
Erster Ansprechpartner für Uhlig war der aus Seiffen stammende und seit 1956 in Einsiedler wohnhafte Kunsthandwerker Werner Glöß. Die ursprüngliche Planung für die Pyramide von vier Metern Höhe wurde alsbald verworfen, da sie vor dem Postgebäude gar nicht zur Geltung gekommen wäre. Und so plante man jetzt mit zehn Metern, was wiederum eine stabile Stahlkonstruktion nötig machte. Und so kam der Einsiedler Metallbaumeister Horst Heidernätsch zu der Truppe, die sich fortan – und bis heute – Pyramidenkollektiv nennt.
Wie meist bei größeren Objekten dieser Art begann alles mit einigen Problemen, in diesem Falle DDR-typisch: Materialbeschaffung. Hier half Bürgermeister Uhligs ehemaliger Betrieb, der „VEB Sportgerätewerk Karl-Marx-Stadt“, mit großen Restholzstücken, die zu passenden Rohlingen zusammengeleimt wurden. Aus diesen drechselte Werner Glöß dann die vielen unterschiedlich großen Figuren, die wir bis heute (fast alle) im Original bestaunen können.
Das Material für die Stahlkonstruktion kam aus verschiedenen Ecken und wurde – genau wie das Holz – aus der Gemeindekasse bezahlt.
Und so werkelte man dann fleißig sechs Monate bis zu dem Tag im November 1970, als die Pyramide erstmalig aufgebaut wurde. Aber nicht am bekannten Platz vor der Post, sondern im Grundstück von Werner Glöß erfolgte dieser erste Aufbau, ein Probeaufbau, der fast reibungslos verlief.
Somit war das Pyramidenkollektiv bereit für den zweiten Aufbau, der dann am Samstag vor dem 1. Advent 1970 (28. November) aufmerksamkeitsstark über die Bühne ging und eine jahrzehntelange, erfreulicherweise bis heute anhaltende Tradition begründete.
Seinerzeit war der Aufbau reine Handarbeit. Nebenstehend ein Foto, das uns die damals recht gefährliche Aktion näherbringt. Die Aufnahme stammt wahrscheinlich aus den Jahren 1973 oder 74. Bis zu vier Männer zogen mit Seilen aus den Fenstern der Dachgeschosswohnung des Postgebäudes den mittleren Zehnmetermast und die vier schweren Seitenstützen nach oben. Vom Boden aus wurden diese Teile mit Hilfsstangen nach oben gedrückt. Ein, zwei mutige Männer verschraubten dann, auf Leitern stehend, die vier Seitenstützen am oberen Kranz. All die Jahre, in denen die Pyramide so errichtet wurde, ist nichts passiert, soll heißen, es sind keine Unfälle mit Personenschaden aufgetreten.
(Foto rechts: Steffen Göthel)
In späteren Jahren der DDR wurde dann (in abenteuerlicher Aktion) ein Autodrehkran bereitgestellt.
2020 erhielten wir von Bärbel (eigentlich Barbara) Göthel, der Tochter von Werner Glöß, einige Fotos von den beiden Erstaufbauten im November 1970, die sie damals aufgenommen hat.
Die Bilder sind zwar ein wenig „verwackelt“, gleichwohl jedoch eine wertvolle Ergänzung dieser Seite und der heimatgeschichtlichen Dokumentation der Einsiedler Pyramide überhaupt!
Wir präsentieren diese Erstaufnahmen von Bärbel Göthel in einer kleinen Galerie:
Links eine frühe Aufnahme aus dem Jahr 1970. (Foto: Reiner Buschbeck). Aber auch die (Karl-Marx-Städter) Presse hat das Ereignis ausgiebig publiziert. Uns liegen hier allerhand gesammelte Zeitungsschnipsel vor, oft mit Datum, selten aber mit dem Zeitungsnamen. Viele davon stammen nicht aus der „Freien Presse“. Rechts einer von vielen seinerzeitigen Kurzartikeln, unten schreibt ein anderes Blatt:
Vor der Einsiedelschen Post:
Neun Meter hohe Weihnachtpyramide
(…) Das Familienkollektiv [Fam. Glöß] erfüllte in den letzten Wochen eine schöne, zusätzliche Aufgabe. Für die Heimatgemeinde wurde eine riesige Pyramide gebaut, deren Podium einen Durchmesser von vier Metern aufweist; der Meister [Werner Glöß] schätzt das Gewicht auf 25 Zentner. In neun Meter Höhe dreht sich das große Flügelrad an der Pyramide vor der Post in Einsiedel. Auf den drei Tellern laufen Lampionkinder, Bergmänner, Postbote, Braumeister, Jäger und Nußknacker. Die Gemeinde Einsiedel ist um ein schönes Stück Heimatgeschichte reicher, an dem sich Einwohner und Ortsfremde erfreuen.
Also der Zeitungsartikel nahm es schon vorweg, aber wir haben noch mehr Details:
Auf der unteren Etage drehen sich drei „Einsiedler Originale“. Braumeister, Förster und Postbote. Dazu der im Erzgebirge typische Nussknacker. Alle vier ca. 1,50 Meter hoch und 50–60 kg schwer. Die Spanbäume auf dieser unteren Plattform gelten mit einer Höhe von 1,60 Meter als Besonderheit bei frei stehenden Pyramiden.
In der mittleren Etage laufen – auch erzgebirgstypisch – einige Bergmänner.
Ganz oben drehen Laternenkinder (ca. 90 cm hoch) ihre Kreise. Eigentlich waren hier als kirchliches Motiv Kurrendesänger geplant. Die DDR förderte über das „Nationale Aufbauwerk“ Städte und Gemeinden in diesen „Mach-mit-Wettbewerben“ mit Geldzuschüssen, aber auch Urkunden und Medaillen.
Das beschränkte sich keineswegs auf Pyramidenbauten, wer hier allerdings auf christliche Motive wie eben Kurrendesänger verzichtete, erhielt finanzielle Zuschüsse. Und deshalb haben wir da oben von Anfang an Laternenkinder.
Wir möchten anfügen – als touristischen Hinweis sozusagen – dass sich in Einsiedel in der Berbisdorfer Straße 18 in der Adventszeit Kurrendesänger bewundern lassen. Barbara und Steffen Göthel, Tochter und Schwiegersohn von Werner Glöß, stellen sie jedes Jahr aus.
Unterschiedlich die Höhenangaben: Wir lesen im Laufe der Zeit von neun Metern, über 9,20 bis zehn Meter, nun ja, sie wächst halt noch 😀 .
Das Flügelrad oben hat einen Durchmesser von ca. vier Meter. Etwa 1.000 Stunden Arbeit hat Werner Glöß in das Bauwerk investiert und um die 2,5 m³ Holz verarbeitet.
1971
Das „Sächsische Tageblatt“ (Zeitung der LDPD) nennt uns nun, am Ende der ersten Saison, auch einmal namentlich einige weitere Helfer.
(Vorlage: Steffen Göthel)
Rechts ein Foto der Pyramide vom Winter 1971.
(Foto: Erich Hertel)
Die weiteren 1970er-Jahre
Die Aufnahme oben links stammt aus einer Fotoserie vom Einsiedler Weihnachtsmarkt 1973. Dieser war aber auf dem Plan aufgebaut, auch im Folgejahr.
Interessant die Aufnahme oben rechts. Hier erkennen wir im Hintergrund nicht nur ein großes Zelt, sondern auch eine über und über mit Fichtengrün geschmückte große Hütte. Aufnahmezeitpunkt war zwischen 1975 und 1979.
An der Hütte wie an jeder ordentlichen Weihnachtsmarktbude ein Schild: „de Köhlerhütt`“. In der Vereinigung mit dem Zelt gab es hier Trinkbares in heißer und kalter Form.
Ach ja, der Weihnachtsmarkt auf der Bahnhofstraße. Von Ingobert Rost haben wir einen Zeitzeugenbericht vorliegen, der auch im „Einsiedler Anzeiger“ Dezember 2019 erscheinen ist und den wir vorab an dieser Stelle mit bestem Dank an den Verfasser wiedergeben durften:
Der Fuchs auf dem Weihnachtsmarkt
Kein Jägerlatein!!!
Am Vormittag des 1. Adventssamstag 1979 erschien unser ABV (Abschnittsbevollmächtigter der Deutschen Volkspolizei) Jahn in der Schule, damals war noch Unterricht. Er teilte mir mit, dass die Eröffnung des Einsiedler Weihnachtsmarktes am Bahnhof gefährdet sei. Die Jäger sollten das verhindern. Der Einsatz der Jagdwaffe im Ort sei unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen höchstpolizeilich genehmigt.
Der Sachverhalt:
Ein Fuchs hatte es sich gegen 10.00 Uhr sonderbarerweise vor der Telefonzelle am Postamt bequem gemacht. Eine gerade telefonierende Frau traute sich nun nicht mehr heraus und rief in ihrer Angst nach dem „Freund und Helfer“. Als dieser mit der Schwalbe vor Ort erschien, war der Missetäter bereits auf der Bahnhofsstraße zwischen den noch geschlossenen Buden in Richtung Maschinenfabrik gelaufen.
Die Maßnahmen:
Sofort wurde ein junger Jäger eingewiesen, der das verdächtige Tier mit der Waffe unschädlich machen sollte. Inzwischen war aber der Fuchs beim Bauer Rupf in dessen Scheune verschwunden. Ein Verwandter des Bauern hatte den ungebetenen Gast mit der Heugabel ins Jenseits befördert. Ins trockene Heu zu schießen, war nämlich auch nicht die beste Idee. Die Freude war nun groß und man beschloss, ein Erinnerungsfoto vom Geschehnis zu machen. Alle Bewohner des Gutes, die zufällig Anwesenden, der Weidmann und die Beute standen und lagen bereit, als der Totgeglaubte sich vor dem Tatortfoto plötzlich wieder erhob und Richtung Bahnhof abrückte. Wahrscheinlich hatten die Gabelzinken ihn nicht durchbohrt, sondern nur die Atemluft unterbrochen, die nun zurückkehrte und ihm die unerlaubte Auferstehung brachte.
Nun tickte die Uhr erneut, die Zeit drängte. Der Weihnachtsmarkt war noch immer in Gefahr. Eine weitere jägerische Verstärkung rückte an. Der Fuchs saß aber jetzt unter der Laderampe zwischen vielen Propangasflaschen, die ein Schießen auch nicht gerade ratsam machten. Wir versuchten, ihn dann mit einem damals noch erlaubten Tellereisen zu erwischen. Doch diesen Plan durchschaute das Füchslein und sprang aus der Deckung heraus am Kopf des Fallenstellers vorbei auf die Bahngleise. Hier standen mehrere Güterwagen und boten ihm vermeintlichen Schutz. Doch die dort lauernden Jäger konnten ihn an dieser Stelle ohne Gefährdung von Menschen und Material erlegen und so das Abenteuer beenden.
Das Resultat:
Pünktlich um 14.00 Uhr eröffnete der Bürgermeister den Markt. Kaum ein Besucher hatte von der Fuchsstory etwas mitbekommen. Die Presse war damals nicht vor Ort, um davon zu berichten. Es blieb bei der Wahrheit. Es gab kein Jägerlatein!
Die pflichtgemäße amtstierärztliche Untersuchung des Fuchses ergab eine Tollwuterkrankung, wie sie damals viele seiner Artgenossen aufwiesen.
I. Rost
1978
Wie bereits geschrieben, wurde und wird die Pyramide jährlich aufgestellt. Man kann also 1970 beginnend immer ein Jahr dazu zählen. Allerdings gab es drei weitere, außersaisonale Ereignisse, an denen das Bauwerk errichtet wurde.
Wie wir eingangs berichteten, hat das Pyramidenkollektiv sie im Grundstück von Werner Glöß, Berbisdorfer Straße 18, im November 1970 erstmalig aufgebaut. Das war sozusagen die Generalprobe.
Der zweite, außersaisonale Aufbau erfolgte 1978, als viele regionale Pyramiden auf dem Theaterplatz in Karl-Marx-Stadt präsentiert wurden, so auch die Einsiedler. Diese wurde unter Begleitung der Volkspolizei dorthin geschafft, da der achteckige Unterbau Überbreite hat und die Fahrbahn entsprechend gesperrt werden musste.
Letztlich belegte sie den vierten Platz im Wettbewerb.
(Fotos: Steffen Göthel)
1980
Ein drittes Mal außer der Reihe wurde die Pyramide schließlich zur 725-Jahr-Feier im Sommer 1980 errichtet, wir sehen sie auf den nebenstehenden Fotos.
Ein weiterer Aufstellungsort war eigentlich schon im Vorjahr geplant gewesen: 1979 im „Palast der Republik“ in Berlin.
Das scheiterte allerdings an einem Meter Deckenhöhe, da die Pyramide dort im Foyer neben der „Gläsernen Rose“ aufgestellt werden sollte.
Die 1990er-Jahre
… vereinfachten und verschlechterten so einiges. Wie wohl für die meisten Kommunen im Beitrittsgebiet wandelten sich die Probleme vom Technik- und Ressourcenmangel zum Geldmangel. Was alle die Jahre blieb, war das Engagement des Pyramidenkollektives, auch wenn die Mitglieder im Laufe der Jahrzehnte sukzessive wechselten.
Reparaturen an der Pyramide bezahlte ab 1997 oftmals die Stadt Chemnitz oder Sponsoren, die glücklicherweise gefunden wurden.
1995
… wird der Briefträger gestohlen! Unten links das Original von 1970. (Foto: Max List)
Also unser Einsiedler Postbote muss offensichtlich furchtbar wichtig gewesen sein.
Werner Glöß hat die Figur nach dem Diebstahl neu schaffen müssen. Wir sehen die 1,65 m hohe Neuschöpfung des Briefträgers auf dem Foto rechts.
Seine Posttasche wird später noch angehangen, zum Aufnahmezeitpunkt, Samstagvormittag, wird ja noch regulär Post verteilt 😉 .
Deutlich ist zu sehen, dass der Postbote seine drei „Etagen-Genossen“ um einiges überragt.
Hat sich Werner Glöß bei Erstellung wirklich so in der Höhe vertan?
Oder man nimmt zur Grundlage, dass der neue Postbote sich den Herrn Kühn als Beispiel nimmt? Herr Kühn – wer war denn das?
Kühn lebte zu Kaisers Zeiten in Einsiedel auf der Herrmannstraße und war sächsischer Landesmeister im „Brief-zu-stellen“, er war also der Schnellste in dieser „Disziplin“. Man sagt auch, er war lang und dürr und für den forschen Laufschritt war sein Name wohl Programm.
Fazit: Der Pyramiden-Postbote wurde nicht versehentlich so groß, nein, er stellt den Herrn Kühn dar.
So, liebe Freunde, das war die Geschichte, die bisher dazu kursierte. Jetzt hatten wir aber im „Einsiedler Anzeiger“ September 2019 einen kurzen Artikel verfasst, in der der Einsiedler Postzusteller und Unterassistent Erich Kühn abgebildet ist. Freilich bewegt er sich auf dem Bild nicht, aber vom Körperbau her? Und der Name? Nun, wir stellen das jetzt einfach mal so in den Raum …
2001
Die Spanbäume werden erneuert.
2004
Die Berufsfeuerwehr Chemnitz hilft fortan mit der Gestellung eines Kranes bei der Ausstellung der Pyramide – eine richtig große und sehr geschätzte Erleichterung! Nebenstehend zwei Aufnahmen vom 27. November 2004. Es sind die ältesten, hier vorliegenden Aufnahmen mit dem Feuerwehr-Kran. Wir möchten darauf hinweisen, dass es durchaus sein kann, dass das Fahrzeug auch schon vorher bei Aufbau behilflich war, indes scheint dies unwahrscheinlich.
2005
Die Drehteller werden durch ein Pendant aus Aluminium ersetzt. Sie sind nunmehr bedeutend leichter und damit besser zu transportieren. Auch ein neues Flügelrad, jetzt aus Mahagoni, bekrönt die Pyramide.
Grundsätzlich wird es aber an der Pyramide immer etwas zu tun geben: Auch dem Förster hatte man schon das Gewehr gestohlen und einige ganz Gescheite dachten in der Vergangenheit, sie müssten auf dem unteren Drehteller ein paar Runden mitfahren.
2006 – Das Pyramidenkollektiv
2010 – 40 Jahre Pyramide Einsiedel
So, wem es jetzt noch nicht drehend ist, dem empfehlen wir unsere kleine Galerie. Nachfolgend eine Bilderserie mit erklärenden Texten vom Aufbau der Pyramide am 27. November 2010 und dem anschließenden „Pyramidenanschieben“ derselben anlässlich deren 40. Geburtstages.
2012
… hatten wir genügend Geld zusammen, um den nachfolgenden, abendfüllenden Blockbuster zu drehen:
Die Drehorgelmusik im Video lieferte übrigens Frank Reuter. Wir sehen ihn rechts mit seiner Frau auf der Einsiedler Kirmes 2005, als er auch noch zur Musik passende Gesangseinlagen präsentierte. Reuter hatte bis Oktober 2006 sein Uhren- und Schmuckgeschäft in der Hauptstr. 89, heute Inhaberin Kerstin Rößler.
2017
Mittlerweile vereinfacht ein Drehleiterfahrzeug der Berufsfeuerwehr Chemnitz – neben dem Kran – die Aufbauarbeiten für das Pyramidenkollektiv weiter.
Die Pyramide wurde in diesem Jahr nun zum 50. Mal errichtet. (Sie zählen doch mit, oder?) Was allerdings mittlerweile deutlich zutage tritt, sind die Schäden resp. Alterserscheinungen. Die Aufnahmen oben und unten sind vom 2. Dezember 2017.
Rettung naht, denn …
2018
… lesen wir in der „Niederschrift über die Sitzung des Ortschaftsrates Einsiedel vom 13. November 2018“:
„Zusätzlich wurden Mittel für die Sanierung der Einsiedler Pyramide mit aufgenommen. Dazu wurden 11.000,00 € für 2019 und 7.000,00 € für 2020 genehmigt. Es ist nun geklärt, dass sie zum Eigentum der Stadt Chemnitz gehört.“
In der Einsiedler Apotheke wird der Braumeister aus der unteren Etage für einige Wochen vor dem ersten Advent ausgestellt und um Spenden geworben. Auch die Apothekerin Dr. Carola Neumer wirbt mit unten stehendem Plakat für weitere Einnahmen.
Letztlich kamen einschließlich des Postkartenverkaufs noch einmal 506 € und Kleingeld für die Pyramide zusammen.
Die Postkarten (zwei Motive) sind ständig im „Modehaus & Postagentur Lothar Schlaffke“ (Hauptstr. 82) und im „Café Lebensart“ (Hauptstr. 102) erhältlich.
2019
Im „Einsiedler Anzeiger“ Februar 2019 (gleich vorn auf dem Deckblatt) werden durch den Vorsitzenden des Einsiedler Ortschaftsrates Falk Ulbrich (CDU) insgesamt 17.000 € für die Sanierung Einsiedler Pyramide genannt. Zusätzlich wird bereits zu diesem Zeitpunkt auf das geplante „Pyramidenanschieben“ am Nachmittag des 30. November d.J. (14 Uhr) verwiesen und auch ein „zünftiges Fest“ für das 50. Jubiläum 2020 in Aussicht gestellt. Wir werden berichten!
Bis dahin noch einige Bilder vom Aufbau am 30. November 2019.
Dieser ganze Pyramidenaufbau folgt seit Jahrzehnten bestimmten Ritualen, die sich Außenstehenden nur bedingt erschließen. Das geht los mit einem gemeinsamen Frühstück, dieses Jahr z. B. in der Fleischerei Edel. Alsdann beginnt der vormittägliche Aufbau, bei dem ein aufmerksamer Betrachter eine weitere Regelmäßigkeit feststellt …:
In diesen Vormittagsstunden erscheint die Witwe des seinerzeitigen Ideengebers Günter Uhlig, Gerda Uhlig, mit einer sorgfältig verpackten Flasche koffeinfreier Limonade am Schauplatz.
Das Geschenk wird dankend und keinesfalls widerwillig in Empfang genommen.
Der temporäre Flaschenbesitzer zeigt selbige nun in die Höhe (rechts) und brüllt dreimal Richtung Baustelle: „Pyrami-“ …
„-de“ schallt es dann (höhenabhängig je nach Baufortschritt) von ebenda zurück.
Jetzt haben wir gar nicht nachgefragt, was aus dem Getränk wird, stellen aber in den Raum, dass es nach Beendigung des Aufbaus beim ersten feierabendlichen Ausklang irgendeine Verwendung findet.
(Foto links: Mirko Wollschläger)
Der zweite Ausklang eines solchen Aufbautages findet (auch schon seit Jahrzehnten), dann bei einem gemeinsamen Abendessen im „Café zur Talsperre“ statt. Wie wir sehen, ist hier der Teilnehmerkreis auf alle Fälle weiter gefasst.
2020
Zu DDR-Zeiten stand die Pyramide grundsätzlich bis Ende Januar aufgebaut vor der Post, nach der Wende kamen dann die Klagen ob der Stromkosten und der Abbau erfolgte fortan Anfang Januar.
Zwischenzeitlich wurde der Wunsch geäußert, die Pyramide bis Mariä Lichtmess stehenzulassen. Das ist so ungewöhnlich nicht, da gerade im Erzgebirge noch einige Gemeinden die weihnachtliche Stimmung auch aus Gründen der touristischen Attraktivität bis zum 2. Februar aufrechterhalten.
Am 21. November 2020 (Samstag vor dem Totensonntag) wird das komplett erneuerte Gestell errichtet. Dieses ist jetzt nicht mehr aus Holz, sondern aus Aluminium.
Interessantes Hintergrundwissen zur Pyramidensanierung lieferte auch der Einsiedler Ortschaftsratsvorsitzende Falk Ulbrich (CDU) im „Einsiedler Anzeiger“:
Zum Jubiläum sollte die Pyramide im neuen Glanz erstrahlen. Dafür konnte, durch Verhandlungen mit der Oberbürgermeisterin, ein Zuschuss für die Sanierung von 17.000 Euro aus dem städtischen Haushalt erreicht werden.
Einsiedler Anzeiger, November 2020
Die Pyramide wurde in diesem Jahr komplett saniert, das Gestell mit der Beleuchtung wurde komplett erneuert und ist nun mit neuer wetterfester Konstruktion für die Stürme der Zeit gerüstet.
Die Figuren wurden in der Werkstatt der Firma Erzgebirgische Volkskunst Gahlenz komplett restauriert. Sie waren nach 50 Jahren und vielen Ausbesserungen in einem Zustand, der eine komplette Zerlegung und eine neue Lackierung
notwendig machte.
Hier traf die Volkskunst von 2020 auf die Improvisationskunst der DDR aus den Endsechzigern. Zu DDR-Zeiten wurde verbaut, was verfügbar war und die schöne Farbe hat den Rest gebracht.
Es mussten mehr Teile ausgetauscht werden, als im Angebot enthalten waren. So sind Mehrkosten von ca. 5.000 Euro entstanden, die nicht mehr voll aus dem Budget für die Pyramide bezahlt werden können. Der Ortschaftsrat darf noch aus dem Budget für die nicht durchgeführten Veranstaltungen und dem Grünpflegebudget weitere Gelder zur Verfügung stellen, dann müssen jedoch kleine Wünsche wie z. B. eine neue Bank und kleine Reparaturen noch etwas warten.
Am 19. November 2020 waren die überarbeiteten Figuren aus Gahlenz zurückgeholt worden. Bei der Überarbeitung gab es Diskrepanzen, da die genauen Aufträge unklar formuliert wurden. Somit waren dann noch einige Nacharbeiten an den Figuren nötig. Das verursachte weitere Kosten, die nicht gedeckt waren. Der Ortschaftsratsvorsitzende rief zu Spenden auf.
Die lange geplante Jubiläumsveranstaltung „50 Jahre Einsiedler Pyramide“ fiel wie unzählige andere Veranstaltungen der Corona-Pandemie zum Opfer.
2021
Munter galoppiert Corona in vierter Welle durchs Land, was aber keinesfalls heißt, dass es heuer etwa keinen Pyramidenaufbau gegeben hat.
Es war der 51. reguläre Aufbau vor der Post und der 54. insgesamt. Deutlich mehr Zuschauer als in den Vorjahren wollten sich das nicht entgehen lassen, auffällig viele junge Frauen mit (Klein-)Kindern säumten das Areal.
Nicht bedingt durch das Virus, sondern durch technischen Defekt am aus den Vorjahren bekannten großen Kran der Berufsfeuerwehr Chemnitz, hatten sich die Kameraden ebenda aber adäquaten Ersatz ausgedacht, um die Pyramide aufzurichten …
2022
Mal eine etwas andere Perspektive vom 52. Aufbau am 26. November 2022 – aus dem ehemaligen Postgebäude heraus aufgenommen.
(Foto: Alfred Löffler)
Der Abbau erfolgte am 28. Januar 2023 (rechts).
2023
Der Pyramidenaufbau erfolgte am Samstag, dem 2. Dezember 2023, durch das Pyramidenkollektiv.
Für den Folgetag, also den 3. Dezember (1. Advent), hatte der am Jahresanfang aus dem Verein H+G Einsiedel e.V. hervorgegangene Heimatgeschichtsverein Einsiedel e.V. ein „Pyramidenanschieben“ organisiert.
Es war erst das zweite Mal, dass die Einsiedler Pyramide angeschoben wird – erstmalig gab es so etwas 2010 zum 40. Jubiläum (siehe ebenda).
Unterstützung bei der Veranstaltung gab es vom Verein „Freunde der Freiwilligen Feuerwehr Einsiedel 1879 e.V.“, der die „Pausenversorgung“ übernahm.
(Foto: Gerald Claus)
In der Nacht vom 2. zum 3. Dezember drehte sich die Pyramide nicht, sie war aber beleuchtet.
2024
Am 27. Januar erfolgte der Abbau der Pyramide, die mitfahrenden Protagonisten bezogen ihr Frühling-/Sommer-/Herbstquartier.
Am 2. November erreichte uns diese Nachricht, die wir gern wiedergeben:
Vor dem Erfolg hat Gott den Schweiß gestellt. So ist es auch mit unserer Pyramide. Der Regen statt Schnee in den vergangenen Jahren forderte seinen Tribut. Die Flügel mussten gestrichen werden und einige Schönheitsreparaturen waren fällig.
Frank Höppner (auch Fotos)
Viele ehrenamtliche Helfer kümmern sich in ihrer Freizeit um das „Wohl“ der Pyramide. Und um das Wohl der Leute kümmert sich die Brauerei und auch viele private Unterstützer aus Einsiedel. Ein Stück Vereinsleben zum Nutzen aller Einsiedler und Gäste. Auch mithilfe der Feuerwehr und des Geschichtsvereins steht dem Pyramidenanschieben also nichts mehr im Wege.
Vielleicht können wir auf diesem Weg einmal Danke an alle Beteiligten sagen.
Am 1. Dezember war es dann so weit, die Pyramide wurde angeschoben.
Vorausgegangen war natürlich der Aufbau durch das Pyramidenkollektiv am Vortag. Die Männer dort sind übrigens seit diesem Jahr Mitglieder des Einsiedler Heimatgeschichtsvereins.
Übrigens Postbote Kühn: viele Jahrzehnte war er die einzige Figur der Pyramide, die einen Namen hatte. (Er sollte letztes Weihnachten übrigens zum wiederholten Male gestohlen werden, siehe unseren Artikel hier.)
Seit 1. Dezember 2024 gibt es nun eine zweite Figur mit Namen. Auf dem Foto sehen wir Jörg Wollschläger, welcher eine Miniatur der Figur des Jägers in die Höhe hält. Und Moderator Bernd Obermeier tauft in diesem Moment das große Original auf den Namen Ingobert. Benannt nach dem verdienstvollen Einsiedler Heimatforscher und passioniertem Jäger Ingobert Rost, der am 17. November letzten Jahres gestorben war.
Und auch zum Miniatur-Jäger gibt es noch Wissenswertes zu berichten, es existieren zwei weitere solch kleine Figuren, siehe nachfolgendes Foto.
Werner Glöß hat sie vor fast 60 Jahren als Prototypen erschaffen. Aus diesen Vorlagen wurden später die großen Originale des unteren Drehtellers. Vermutlich gab es auch noch die Figur des Postboten in Miniatur, diese ist aber verschollen.
Werner Glöß‘ Schwiegersohn übergab die drei Figuren vor einigen Jahren an Jörg Wollschläger – bei ihm haben sie eine dauerhafte Bleibe gefunden und werden wie ihre großen Pendants alljährlich zur Weihnachtszeit „aktiviert“.
Dank all denen, die sich für unsere Einsiedler Pyramide engagieren!
Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:
- Bärbel & Steffen Göthel | Horst Heidernätsch | Ingobert Rost | Erich Hertel | Jörg Wollschläger
- Und natürlich bei all denen vom Pyramidenkollektiv, die wir mit unseren Fragen löcherten und die gern Auskunft gaben und geben. Jahr für Jahr!
Passender, ergänzender Artikel zu dieser Seite:
- Berbisdorfer Straße 18: Erzgebirgisches Kunsthandwerk Werner Glöß
Vielen Dank an die Menschen die sich um den Erhalt der Pyramide kümmern, es ist ein Wahrzeichen von Einsiedel und immer wieder schön zu sehen und alte Erinnerungen werden wach
Danke Carsten Claus für diesen interessanten Beitrag!
Ich danke für das Feedback!