Einsiedler Hauptstraße 119

Ehemalige Ortslistennummer/Brandkatasternummer 8

Das „Roscher-Häusel“

Das Roscher-Häusel mit Materialwarenhandlung vor 1918
Das „Roscher-Häusel“, Aufnahme vor 1918

Mit dem Roscher-Häusel in der Einsiedler Hauptstraße 119 präsentieren wir wieder einmal ein Gebäude, das wohl nur noch älteren Einsiedlern bekannt sein wird, der Fachwerkbau an der Ecke zur Einsiedler Neuen Straße steht schon Jahrzehnte nicht mehr.
Fotos von Haus und Grundstück indes gibt es reichlich, auch wenn sich die äußerliche Ansicht nicht gravierend änderte, solange es stand.
Oben ein Bild vor 1918. Später wurde das Dach noch einmal gedeckt, wie auf dem nachfolgenden Foto erkenntlich.

Das Roscher-Häusel mit Bewohnern
(Foto: Doris Großmann)

Als mit dem Bau der Reichsstraße (heute Einsiedler Neue Straße) und deren beiden Zwönitzbrücken begonnen wurde, war eine Erhöhung des Straßenniveaus auch der Hauptstraße damit verbunden.
Das Roscher-Häusel lag schon vor dem Bau der Reichsstraße unter dem Niveau der Hauptstraße, nach Fertigstellung der oberen Brücke wurde der Höhenunterschied noch etwas größer.

Im Einsiedler Adressbuch 1897 finden wir den Besitzer und Namensgeber:
Roscher, Anton Hermann; Maurer & Materialwarenhändler

Und ein „Kenner-Blick“ auf das Bild eingangs dieser Seite lässt uns auch den Materialwarenhandel, einen kleinen Laden vorne links im Erdgeschoss, erkennen. Typische Verkaufsgegenstände in den „Schaufenstern“ ebenda und am Fensterladen neben der Haustür ein Werbeschild: „Amerikanisches Petroleum“.

Die Familie Roscher um 1905
Ein Familienfoto der Eigentümerfamilie Roscher etwa um 1910.
Von links: Martha, Hermann (sitzend), Fritz, Helene, Agnes (sitzend, sie starb 1919), Max und Klara.
Die Familie Roscher bewohnte das Erdgeschoss.
(Foto: Reiner Dittrich)

Das verhältnismäßig kleine Gebäude diente neben Roschers zwei weiteren Familien als Heimstatt und beherbergte eine recht große Anzahl von Kindern, unten eine entsprechende Aufnahme.
Es ist anzunehmen, dass alle abgebildeten Personen im Hause wohnten.

Kinderschar vor dem Roscher-Häusel
(Foto: Reiner Dittrich)

In der ersten Etage wohnte rechts die Familie Facius. In wenigen Fällen wurde deshalb auch vom „Facius-Häusel“ gesprochen, obwohl die Familie Mieter und nicht Eigentümer war.
Die Familie Weiß bewohnte die Räume in der ersten Etage links. Die Familie bezog später die Dienstwohnung der Einsiedler Feuerwehr in der Hauptstraße 95, da Karl Weiß lange Jahre hier als Wehrleiter fungierte.

Nachfolgend drei weitere historische Aufnahmen Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre. Wir erkennen, dass nur der Westgiebel verschiefert war, die östliche Seite trug eine Holzverkleidung.

Unten das Gebäude kurz vor dem Abriss, rechts von der Zwönitz-Seite aus gesehen. (Fotos: Torsten Eisen)

Die Zwönitz kann gerade für dieses Grundstück nicht als „angenehmer Nachbar“ bezeichnet werden. Zum Standort in Ufernähe kam noch die verhältnismäßig tiefe Lage dazu. Aufnahmen der Hochwasserereignisse von 1932 und 1954 in unserem Archiv zeigen entsprechende Überschwemmungen hier unmittelbar vor der Brücke.

Nachfolgend zwei Aufnahmen des Grundstücks vom 24. September 2006. Das Areal ist zum Zeitpunkt grüne Wiese und unbebaut, seit das Gebäude Mitte der 1960er Jahre abgetragen wurde. Und es wird unbebaut bleiben. Man achte auch auf die zum Zeitpunkt noch in großen Teilen vorhandene historische Brüstung an der oberen Brücke.

24. September 2006

Die auf dem Foto oben hinter dem Hauptstraßenschild zu erkennenden Bäume und Sträucher stehen auf kommunalem Grund, welcher vormals zum Grundstück Hauptstraße 119 gehörte, ebenso wie das kleine Stück Einsiedler Neue Straße links der Brücke zwischen Hauptstraße und Zwönitzufer.
Aber das schauen wir uns das mal etwas genauer an:

Jetzt heißt es umdenken! Wir stehen flussabwärts und schauen nach Osten. Über die erkennbare Brücke hinten verläuft die Eisenbahnlinie nach Aue, der Berg im Hintergrund die „Dittersdorfer Höhe“ .
Die Reichsstraße gibt es noch nicht und das zur Hauptstraße 119 gehörende Grundstück ist auf der gesamten rechten Bildhälfte gut erkennbar.
Stand der Fotograf im Wasser? Im Winter?
Nein. Wahrscheinlich wurde das Bild vom „Kinder-Steg“ aus aufgenommen, ein kleiner Übergang für Fußgänger, für Fuhrwerke oder Kraftfahrzeuge nicht geeignet. Dieser Übergang wurde nach dem Bau der oberen Brücke der Reichsstraße obsolet und später abgebrochen. Wann, ist unklar.

Den Sachverhalt der Grundstücksteilung durch den Bau der Reichsstraße Mitte der 1920er Jahre gab es übrigens auch am anderen Ende beim Wohn- und Geschäftsgrundstück Riedel.

Unten ein Fotovergleich vom Brauereiturm aus, der uns den Standort noch einmal gut vor Augen führt. Im Hintergrund des linken Fotos sehen wir bereits den Schulneubau, was uns zeigt, dass das Gebäude mindestens bis zum Jahre 1961 stand. Die rechte Aufnahme stammt vom 15. Juni 2008.
(Foto links: Peter Hollstein)

Oben und unten zwei Aufnahmen vom 27. Juni 2020. Das untere Foto wurde von der Brücke Einsiedler Neue Straße aus aufgenommen. Die Bäume und Sträucher sind kein Anflug, sondern wurden entsprechend gepflanzt, da das Areal als (bescheidene) Ausgleichsfläche für Hochwasser dient.


Heimatwerk Einsiedel sagt Danke!

 

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  • Doris Großmann

 

 


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Passender, ergänzender Artikel zu dieser Seite:

  • Einsiedler Hauptstraße 97: > Riedels Erben <, das andere durch den Reichsstraßenbau geteilte Grundstück

 

 


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