Ganz am Anfang der Altenhainer Allee, noch bevor die ersten Grundstücke an dieser Straße beginnen, befindet sich die
Oberförsterbrücke
Der Name für die Brücke kommt nicht von ungefähr und ist wahrscheinlich so alt wie die Brücke selbst. Unmittelbar angrenzend befanden sich früher Grundstück und Dienstgebäude der Forstverwaltung. Diese Behörde war wohl der (unfreiwillige) Namensträger für eine Bezeichnung, die heute noch Verwendung findet.
Das Foto rechts zeigt die Brücke im Herbst 2004 und wurde vom Turm des Rathauses aus aufgenommen.
(Foto: Peter Hollstein)
Die Oberförsterbrücke entstand im Zuge des Eisenbahnbaus um 1875.
Sie hatte für die Eisenbahn als Schienenträger aber keine Bedeutung, denn dafür wurde unmittelbar daneben eine weitere Brücke gebaut.
Wir finden auch diese Brücke noch heute vor, in trauter Zweisamkeit liegen beide Bauwerke nebeneinander, wie uns die nebenstehende Luftaufnahme (um 2015) recht deutlich zeigt.
(Foto: Frank Schierz)
Die Oberförsterbrücke ersetzte seinerzeit eine Furt in Höhe Seilergasse durch die Zwönitz zu den Forstwiesen vis-à-vis.
Wir haben einige historische Ansichten zusammengetragen, gehen wir also ruhig mal einige Jahrzehnte zurück:
22. Februar 1933.
Die Oberförsterbrücke auf einer Zeichnung von Walter Viertel vom Talsperrengrund aus gesehen.
Deutlich ist zu erkennen, dass die Zwönitz seinerzeit an dieser Stelle viel mehr Raum in der Breite hatte als heute. Zwei Pfeiler befanden sich direkt im Fluss.
Ein Blick von der anderen Seite aus. Am rechten Bildrand das Gebäude der Forstverwaltung Einsiedel, der Namensgeber für die Brücke.
Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1943, fotografiert hat Erich Müller, der letzte Vorsitzende des Einsiedler Erzgebirgszweigvereins.
Für die beiden nachfolgenden Fotos machen wir wieder einen Brückenseitenwechsel, wir blicken also Richtung Hauptstraße:
Die Aufnahme unten links ist zeitlich zwischen 1936 und 1944 einzuordnen. Wir erkennen deutlich, dass mittlerweile ein Fußweg angelegt wurde mit Holzbohlen als Belag (… und dessen Benutzung offensichtlich nicht so genau genommen wurde). Ebenso wurde das eiserne Geländer gegen ein Holzgeländer ausgetauscht.
Das Gebäude hinten links ist das ehemalige Pfarrgut Harthauer Weg 2, ebenso gehört die rechts daneben liegende, dunkle Scheune dazu. Der Bahnübergang und das damals neue Stellwerk sind zu sehen. Ganz rechts noch das „Gasthaus zum Bahnhof“ in der Hauptstr. 85.
Auf dem Foto unten rechts sehen wir Geländer und Fußweg noch einmal detaillierter, es handelt sich hierbei um eine Nachkriegsaufnahme, wohl die 1950er Jahre.
(Fotos unten: links Ingobert Rost, rechts Torsten Richter)
Die gleiche Stelle, 21. Juni 2005.
Hinten sehen wir das Gebäude Harthauer Weg 2. Es wurde nach dem alliierten Bombenangriff 1945 nur wenig über Erdgeschosshöhe wieder errichtet.
Das Stellwerk gibt es auch nicht mehr, die Schrankenanlage wird vom Zugführer oder über Schaltstellen in den Schienen bedient. Rechts am Bildrand Hauptstr. 85.
Auch deutlich zu sehen die in den vielen Jahren sehr hochgewachsenen Fichten am Brückenkopf.
Herbst und Winter an der Oberförsterbrücke in den 1950er Jahren. Zwei schöne Fotos, wir wollten sie nicht vorenthalten.
(Fotos: links Wolfgang Röhr, rechts Haus & Grund Einsiedel)
Interessant auch die beiden folgenden Bilder, ebenfalls aus den 1950er Jahren. Sehr deutlich erkennt man am linken Brückenende die Ufermauer. Es gibt sie noch heute, allerdings ist sie zugeschüttet und man muss sich das Terrain heute schon genauer anschauen, wenn man sie ausmachen will. Der Bereich gehörte zum Vorfluter (Vorflut = Vor der Flut), also einem Areal, das bei Hochwasser selbiges aufnehmen und im Flussbett weiterleiten kann. Ein Aspekt, der von den Ingenieuren des Königreiches Sachsen seinerzeit beachtet, von den Ingenieuren des Freistaates Sachsen reichlich 100 Jahre später aber vernachlässigt wurde. Die neue Mauer ist seit dem Brückenneubau 1992 direkt am Flussufer und zwängt den Fluss entsprechend ein.
Vermutlich Ende der 1960er Jahre wurden Brückenteile instandgesetzt und erneuert. Der Fußweg erhielt einen Asphaltbelag und das teilweise morsche Holzgeländer (oben links) wurde durch eine Stahlkonstruktion ersetzt (oben rechts 1978).
(Foto rechts: Wolfgang Röhr)
In der späteren DDR-Zeit wurden an der Brücke nur die allernötigsten Instandhaltungsarbeiten ausgeführt. 1990 war das Bauwerk dann dermaßen verschlissen, dass ein zeitnaher Abriss und Wiederaufbau geplant wurde. Aus diesem Grunde begannen 1991 Baumfällarbeiten an der Grundstücksgrenze Hauptstr. 85. Ungenaues Planen der Fallrichtung veranlasste die Haftpflichtversicherung der ausführenden Baufirma zu diversen Zahlungen. Ein fallender Baum riss eine der Straßenlampen mit, diese dann die linke Schranke und diese wiederum erreichte mit Ihrer Spitze noch das Grundstück Hauptstr. 87 und zertrümmerte dort den Zaun und die Motorhaube eines abgestellten PKW.
Der obere rote Teil auf dem Foto kommt daher, dass der Film falsch belichtet wurde. Die Kamera wurde geöffnet, obwohl die Rückspulung noch nicht abgeschlossen war.
(Foto: Andreas Wildfeuer)
1992 erfolgte dann der vollständige Brückenabriss und komplette Neuaufbau. Bauherr war aber nicht die Gemeinde Einsiedel, sondern das Straßenbauamt zu Chemnitz.
Das Foto zeigt die Abrissarbeiten 1992.
(Foto: Andreas Wildfeuer)
Die Brücke am 9. April 2017.
Die begrünte Areal vorne war früher der Bereich des Vorfluters.
Nach diversen, recht langwierigen Planungen und deren Realisierung wurde am 6. April 2017 ein neues Hinweisschild an der Brücke errichtet. In ganz kurzer Form gibt es einige Daten wieder, die dem geneigten Leser dieser Seite wohl bereits bekannt sind (so hoffen wir jedenfalls …).
Wieder streift uns der Hauch unserer Geschichte. Es war wohl in den späten 1950er und 1960er Jahren, dass es wenige Meter westlich schon einmal diesen Hinweis zur Brücke gab. Die schöne Schnitzarbeit (oben rechts) war etwa dort zu finden, wo heute die Hinweistafel mit den Wanderwegen steht.
Da das neue Schild aus dem Grünpflegefond der Stadt Chemnitz finanziert wurde, hätte eine so volkskünstlerische Schnitzerei wohl das Budget gesprengt. Es ist aber gelungen, Jäger, Wald und Dackel auf andere Art aus der Vergangenheit zurückzuholen.
Früher nannte man das kleine Areal zwischen Bahndamm, Altenhainer Allee und Zwönitz „Erzgebirgseck“. Der Erzgebirgszweigverein Einsiedel pflegte das kleine Dreieck und hatte hier auch eine Hinweistafel zu lohnenswerten Zielen in der näheren Umgebung aufgestellt. Wir lesen in dessen Jahresbericht 1930: „So wurde zwischen Eisenbahnübergang und Oberförsterbrücke ein Schmuckplätzchen angelegt, daß entschieden eine Zierde ist und dessen Pflege die Gemeindebehörde in dankenswerter Weise übernommen hat.“
Später, nach dem Krieg, war es der Kulturbund, der sich dem Gelände noch viele Jahre widmete, es instand hielt und auch die Schnitzerei aufgestellt hatte.
Zugabe? Gerne!
An dieser Stelle noch einmal – wie eingangs der Seite – ein Foto vom Rathausturm auf die Oberförsterbrücke (Januar 2005).
(Foto: Peter Hollstein)
Wir haben das Bild an dieser Stelle eingefügt, da wir nachfolgend ein Motiv präsentieren möchten, das seit über 100 Jahren immer wieder erscheint. Die Fotoaufnahmen und Postkartenansichten darüber sind ungezählt.
Die nachfolgenden Galerie-Bilder wurden von der Oberförsterbrücke in Richtung Rathaus aufgenommen, also genau in entgegengesetzter Richtung wie das nebenstehende Foto.
Dadurch, dass die abgebildeten Gebäude Hauptstraße 77, 79 und 81 im Krieg nicht zerstört worden, ergibt sich seit über 100 Jahren ein nahezu identisches Bild, den
„Blick von der Oberförsterbrücke“
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