Die Seite zeigt dem geneigten Besucher eine umfangreiche Bilder- und Datensammlung zu dem Bauwerk, welches den Ort weit über die Grenzen Sachsens hinaus bekannt gemacht hat, die
Talsperre Einsiedel
Einer guten Übersicht wegen sind die Daten chronologisch geordnet und in einer Zeittafel aufgearbeitet. Alle Angaben wurden sorgfältig unter zu Hilfenahme der unterschiedlichsten Quellen zusammengeführt. Trotzdem kann für die Richtigkeit und vor allem die Vollständigkeit der Daten keine Garantie übernommen werden.
19. Jahrhundert
Wie in den anderen deutschen Ländern und vielen europäischen Staaten so setzte auch in Sachsen eine rasante Industrialisierung ein. Die damit einhergehende Bildung von großen Ballungsgebieten stellte hohe Ansprüche an eine ausreichende Trinkwasserversorgung für die immer stärker wachsende Bevölkerung. Das immense Wachstum der Stadt Chemnitz bedingte den Bau einer ersten Talsperre mit geplanten Bauort im Stadtguttal zu Einsiedel.
1840
Die Stand Chemnitz hat zum Zeitpunkt 23.476 Einwohner
1880
Der Einwohnerstand in Chemnitz ist auf 95.133 Personen gewachsen.
1883
Chemnitz hat 103.000 Einwohner
Ende der 1880er Jahre
nimmt das Bauvorhaben “Thalsperre zu Einsiedel” konkrete Formen an. Der Planung vorausgegangen waren die auch heute noch üblichen Querelen zwischen zwei Kommunen, welche ein derartig großer Bau mit sich bringt und die sicher nicht ganz unberechtigt waren. Sich die Gefahr eines Dammbruchs vor Augen führend, legte Einsiedel im Juni 1889 erst einmal Widerspruch gegen das Projekt ein, erst bei der Amtshauptmannschaft und später („in zweiter Instanz“) bei der Kreishauptmannschaft. Im Widerspruchsschreiben des Einsiedler Gemeinderates lesen wir:
“…durch diese Anlage, eingedenk der schon oft erwiesenen Thatsache, daß dem Zahn der Zeit auch das Beste nicht zu fest sei, für die Besitzer und Bewohner benachbarter Grundstücke und für das Publikum im niederen Einsiedel überhaupt erhebliche Nachteile und Gefahren herbeigeführt werden können.”
Beide Male wurde der Einwand gegen die „Dammanlage“ (wie die Talsperre in Einsiedel bis Ende 1889 genannt wurde) abgeschmettert. Ein auf Grund der Widersprüche ausgearbeitetes Gutachten der Königlichen Straßen- und Wasserbauinspektion empfahl die Überwachung der Dichtheit der Staumauer mittel jährlicher Revisionen, die allerdings ein Ablassen des Wassers aus dem “Sammelteich” genannten Beckens bedingte. Da dieses ständige Füllen und Leeren in solch kurzen Abständen dem Zweck und Charakter einer Talsperre zuwiderlief, einigte man sich schließlich darauf, etwaige Undichtheiten bei gefüllter Sperre auf der Luftseite der Mauer zu kontrollieren. Die Stadt Chemnitz erklärt sich außerdem bereit, zwei Wege zu verlegen und vor allem zu befestigen. Einer davon ist die heutige „Altenhainer Allee“, der zweite hatte untergeordnete Bedeutung und verlief vom Stadtgut unterhalb der Staumauer bis zur Hauptstraße. Außerdem verpflichtete sich die Stadt zur Unterhaltung der Oberförsterbrücke für die Zeit der Baumaßnahmen.
1890
Die Einwohnerzahlen sind mittlerweile auf 138.954 geklettert.
Rechnet man Altchemnitz, Altendorf, Bernsdorf, Borna, Furth, Gablenz, Hilbersdorf und Kappel dazu, hat Groß-Chemnitz 1890 bereits eine Einwohnerschaft von 175.467 Personen. Einsiedel hatte im gleichen Jahre 3.602 Bewohner.
Im Juni beschließt der Stadtrat zu Chemnitz den Bau der Einsiedler Talsperre. In der späteren Festschrift zur Einweihung 1894 lesen wir:
“Die städtischen Kollegien haben daher im Jahre 1890 beschlossen, zur Erweiterung der Wasserwerksanlagen* eine Thalsperre in dem sogenannten Stadtgutthale bei Einsiedel, einem oberhalb der bestehenden Anlage* liegenden Seitenthale der Zwönitz, zu erbauen…”
(* gemeint ist die 1872-75 erbaute Wasserwerksanlage in Altchemnitz-Erfenschlag, deren Kapazität 1890 nur noch ein Tropfen auf dem heißen Stein war.)
Auf dem Foto sehen wir die damalige Straße in Richtung Altenhain und das Areal vor Baubeginn.
Am 7. November 1890
begann schließlich mit der Grundsteinlegung der Bau, der Einsiedel weit über Sachsen hinaus bekannt machen sollte.
Das Foto zeigt uns den alten Verlauf der heutigen Altenhainer Allee beim Baubeginn. Als kleine Orientierung Folgendes:
Etwas oberhalb der markanten schwarzen Hütte sehen wir die Brücke für den späteren Überlauf (Kaskaden). Diese existiert noch heute und alle, die die Altenhainer Allee nutzen, fahren über sie hinweg. Im Laufe so vieler Jahrzehnte verschlechterte sich der bauliche Zustand der Brücke zusehends. Wie auch heute noch allgemein üblich, beschränkten sich die Sicherungsmaßnahmen erst mal auf Verkehrsschilder und Poller für allerlei Einschränkungen. Im Sommer 2009 schließlich erfolgte eine umfassende Sanierung, die Anfang November 2009 (fast) fristgerecht beendet wurde.
Direkt hinter der Brücke, nach dem großen Baum, das Stadtgut. Das rechte Gebäude steht noch heute (Eigentumswohnungen).
Um die 1,3 Mio. Mark weist die damalige Kostenplanung aus, selbst für eine wirtschaftlich gesunde Stadt wie Chemnitz eine beträchtliche Menge Geld.
Die Oberleitung für die Planung und Ausführung der Talsperre lag in den Händen des Chemnitzer Stadtbaurates Eduard Hechler, die bauliche Leitung wurde dem Wasserwerksdirektor Emil Friedrich Nau übertragen.
Die Sperrmauer wurde aus 300.000 m³ Bruchsteinmauerwerk errichtet, welches teils in Einsiedel und teils in Dittersdorf gebrochen wurde. Auch am 22. März 2009 ist das Mauerwerk unverändert und gut erkennbar.
1892
weilte der sächsische Innenminister vor Ort. Nicht nur während der Bauarbeiten, auch Jahre nach Fertigstellung fehlte es nicht Prominenz, die sich über das ehrgeizige und vor allem prestigeträchtige Projekt informieren wollte.
Etwa um die gleiche Zeit entstand das Foto rechts. Es zeigt uns die Außenseite der Talsperre.
1893
König Albert von Sachsen besichtigte die Baustelle am 13. Juni.
Das Foto zeigt die gelegentlich des Besuches geschmückte Baustelle.
Wir sehen hier die Innenseite der Staumauer, d.h. dies wird einmal unter Wasser stehen.
1894
Das zu einem großen Teil von angeworbenen italienischen Arbeitern bis zum Frühjahr 1894 fertig gestellte Bauwerk stellte eine Meisterleistung sächsischer Ingenieurskunst dar. Nachdem in Remscheid 1891 mit der „Eschbach-Talsperre“ und in Lennep (beide Preußen, Provinz Rheinland) 1893 mit der “Panzertalsperre” zwei derartige Anlagen vollendet wurden, verfügte Sachsen nunmehr über das dritte Bauwerk dieses Typs im Deutschen Reich.
Die beiden nebenstehenden Fotos zeigen die Beräumung des zukünftigen Staubeckens. Selbiges war dann gefüllt, als am 14. Juni die “städtischen Kollegien” zur (schlichten) Einweihung “dieses großartigen, für unsere Stadt höchst bedeutsamen und für weitere Kreise interessanten Bauwerkes” zusammentraten.
Am gleichen Tage wurde das erste Talsperrenwasser in das Chemnitzer Netz eingespeist.
Einsiedel, zum Zeitpunkt bereits durch vielfältigste Industrie als Wirtschaftsstandort mit allerbesten Ruf ausgestattet, erhält neuen Ruhm als Standort von Sachsens erster Talsperre. Noch einmal ergießt sich neues Wasser auf die Mühlen der Einsiedler Ortsentwicklung.
Die fertig gestellte Talsperre diente ausschließlich der Versorgung der Stadt Chemnitz. Einsiedel hatte sich bis zum Jahre 1910 eine eigene Trinkwasserversorgung aufgebaut, die aus mehreren Quellgebieten des Kemtauer Waldes gespeist wurde.
Links eines der ersten Fotos der fertiggestellten Talsperre aus dem Jahre 1894.
1895
König Albert weilt erneut in Einsiedel und besichtigt am 7. Juli die fertig gestellte Talsperre.
Das Foto zeigt den König mit Gefolge auf der Talsperrenmauer.
(Foto: Thomas Schwebe)
1896
Die Vermarktung der Talsperre in Form der damals unheimlich populären Ansichtspostkarten erfolgt unverzüglich.
Rechts in frühes Motiv aus dem gleichen Jahre.
(Vorlage: Jürgen Krauß)
1900
Chemnitz wächst und wächst, der Einwohnerstand ist 200.000 Personen hoch. Am 20. August erhält man in der Stadt die frohe Nachricht, dass die zur Weltausstellung in Paris vorgelegten Pläne der Ingenieurbauwerke “Thalsperren zu Einsiedel und Neunzehnhain” mit einer Goldmedaille prämiert wurden.
1905
König Alberts Neffe Friedrich August III. ist mittlerweile sächsischer König und in Einsiedel zu Gast. Während eines Besuches der “ersten Fabrik- und zweiten Handelsstadt Sachsens” (gemeint war Chemnitz) vom 1. bis 3. März 1905 war die Besichtigung der Talsperre am 3. März der Höhepunkt der Reise.
Rechts der König auf der Staumauer (…die 1. Person an der Spitze der Kolonne).
Wie auf dem Foto links (Jürgen Krauß) deutlich zu erkennen, war die Staumauer ursprünglich gotisierend erbaut worden. Zwei Pavillon-Türme mit Zinnen als oberen Abschluss und zwei erkerartige Ausbauten gaben dem Bauwerk ein äußerst gefälliges und vor allem markantes Aussehen. Es soll um 1923/24 gewesen sein, dass die Staumauer vereinfacht wurde. Weder das genaue Datum dieses Rückbaus noch der Grund dafür sind derzeit bekannt. Wahrscheinlich sollte Last von der Mauer genommen werden (Statik). Es hieß auch, dass die Türme zum Teil schon marode gewesen sein, was allerdings nach lediglich 30 Jahren Standzeit unwahrscheinlich erscheint. Indes kann es aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Auf der rechten Seite im Hintergrund, in der Nähe des Auslaufes erkennen wir noch einen großen Aussichtspavillon. Auf den beiden Fotos unten sehen wir diesen etwas näher und detaillierter.
In diesem Pavillon frühstückte Friedrich August III. anlässlich seines Besuches 1905.
Der Pavillon ist heute nicht mehr vorhanden.
Den Zustand im Jahre 1907 sehen wir auf der nebenstehenden Abbildung.
Auch die im Zuge des Talsperrenbaus umverlegte Altenhainer Allee ist gut zu erkennen, sie war teilweise sogar dammartig aufgeschüttet wie uns die nebenstehende Ansichtskarte recht deutlich zeigt.
Überhaupt ist die Menge der in so vielen Jahrzehnten herausgebrachten Ansichtspostkarten mit dem Motiv “Talsperre Einsiedel” wohl ungezählt.
Nachstehend nun eine kleine Galerie. Andere, wenn auch meiste ähnliche Motive, gab es viel mehr.
1935
Im Zuge von Wartungs- und Reparaturarbeiten wird das Staubecken in großen Abständen komplett oder teilweise entleert, wie uns die nachstehenden Fotos zeigen.
Zurück zur Zeittafel:
1945
In den Mittagsstunden des 14. Februar wurde ein alliierter Luftangriff auf Einsiedel geflogen. Das offensichtliche Ziel der Staumauer wurde verfehlt, wohl aber Zerstörungen an den Filteranlagen des Wasserwerkes verursacht.
Während bei einem weiteren Angriff am 5. März der Ort Einsiedel in Schutt und Asche gebombt wurde, ging der Kelch der Zerstörung an der Talsperre erneut vorbei, allerdings wurden abermals die Wasserwerksanlagen getroffen.
Wissenswert ist auch, dass die Talsperre in Höhe Staumauer einen Bunker hatte. Von dort aus wurden bei Fliegeralarm stets Nebelkerzen gezündet, die die Talsperre umfassend einnebelten und somit die Zielführung für die Bomber wesentlich erschwerten.
Nebenstehend zwei Diaaufnahmen vom August 1959.
(Fotos: Gotthard Clauß)
1979
Erst in diesem Jahr wurde es möglich, Trinkwasser aus der Einsiedler Talsperre in das Einsiedler Netz überzuleitenden.
Auf den beiden Fotos sehen wir den Talsperreneinlauf am Ende des Stausees.
Links eine Zoomaufnahme von der Staumauer aus (22. März 2009), unten rechts dann unmittelbar am Einlauf (24. Juni 2009).
Das hier einlaufende Wasser hat einen langen Weg hinter sich.
Die Talsperre Einsiedel verfolgt den Zweck der Trinkwasserbereitstellung im Sinne eines Ausgleichsbeckens. Dieser Ausgleich erfolgt für die Zuflüsse aus den vier weiter oberhalb gelegenen Talsperren Saidenbach und Rauschenbach sowie Neunzehnhain I und II (“Talsperrensystem mittleres Erzgebirge”). Die durchschnittliche Verweildauer des Wassers liegt bei zwei bis drei Tagen.
1985 bis 1987
wird der Untergrund der Staumauer mittels Zementmilchinjektion vergütet.
Rechts die Staumauer auf einer Postkarte aus dem Jahre 1971 (postalisch gelaufen), die seinerzeit große Verbreitung fand und auch heute noch in Internetauktionshäusern für kleinstes Geld erhältlich ist.
1991 bis 1992
Die Klinkerschutzbögen und der Hochwasserüberlauf werden saniert. Die Luftseite der Staumauer wird sandgestrahlt. Ein Elektroverteilerhaus für die Talsperre wird errichtet.
Die am 1. Januar 1992 gegründete Landestalsperrenverwaltung übernimmt als Staatsbetrieb die Planung, Überwachung, Wartung und den Bau sächsischer Talsperren und unterhält diese auch.
2004
Am 17. Juni war ein “Tag der offenen Tür”. Wasserwerk, Talsperre und Staumauer kann man nur an einem solchen Tage betreten. Ansonsten kommt man lediglich über die auf dem rechten Foto abgebildete “Besucherplattform” nah genug an die Mauer heran, da die ganze nähere Umgegend Trinkwasserschutzgebiet und Werksgelände ist.
Links ein Relief des Chemnitzer Stadtwappens. Angebracht ist es an der Staumauer, und sicher nicht nur, um das Baudatum gut sichtbar zu dokumentieren.
2009
“Tag der offenen Tür” am 22. März.
Derartige Veranstaltungen werden von der Öffentlichkeit (und nicht nur der Einsiedler) rege genutzt.
Rechts ein Foto des Endes der Staumauer, an dem sich der Überlauf, die sogenannte “Hochwasserentlastungsanlage”, befindet.
Die beiden Bilder links und rechts gewähren uns einen kleinen Einblick in das Wasserentleerungssystem für das Staubecken.
Links das “Innenleben” des Gebäudes unterhalb der Staumauer, rechts die beiden Entleerungsschieber des kleinen Häuschens auf der Staumauer.
Für diese beiden Fotos gilt: Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Landestalsperrenverwaltung Sachsen.
Schlussendlich noch einige statistische Daten zur Einsiedler Talsperre:
Staumauer (links am 22. März 2009):
- Höhe über Gründung: 28 m
- Höhe über Talsohle: 22 m
- Höhe der Mauerkrone: 384,44 m über NN
- Kronenlänge: 180 m
- Bauwerksvolumen (Mauerinhalt): 23.600 m³
- Mauerstärke an der Erdoberfläche: 14 m
- Mauerstärke an der Krone: 4 m
- Krümmungsradius der Mauer gegen das Wasser: 400 m
Stausee (links am 17. Juni 2004):
- Stauraum bei Vollstau: 300.000 m³
- Stauraum bei Hochwasser: 325.000 m³
- Wasserfläche des Stausees bei Vollstau: 4 ha
- Gestautes Gewässer: “Stadtguttalbach”
Es war und ist nicht möglich, im Stausee zu baden oder zu angeln.
Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:
- Landestalsperrenverwaltung Sachsen (für die Genehmigung zur Veröffentlichung einiger Aufnahmen)
Diese Seite wurde aus der Ursprungsversion 2004, die seinerzeit mit einer speziellen Software (NetObjects Fusion) gestaltet worden war, fast identisch übernommen. Es kann hierbei manchmal zu Darstellungsproblemen kommen, in erster Linie deshalb, weil die eingefügten Bilder kleiner sind als die Aufnahmen, die wir seit dem Wechsel des Layouts bei allen neueren Seiten einfügen.
Die textlichen Inhalte stellen den Stand unserer Veröffentlichung zu diesem Grundstück dar, wie er in der Version 2004 publiziert war. In vielen Fällen liegen im Archiv ergänzende Daten und/oder Belege vor.
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