Waldklause Einsiedel
Die Gaststätte ”Waldklause” auf einer seinerzeit weit verbreiteten Fotopostkarte aus den 1960er Jahren.
Wir haben die vier einzelnen Motive nachfolgend noch einmal mit Aufnahmen vom 20. August 2004 angeordnet, die alle von etwa demselben Standpunkt aufgenommen wurden.
Aber gehen wir noch etwas in der Zeit zurück::
An der Einsiedler Sommerrodelbahn wurden ab dem Jahre 1929 erstmals im Bereich des Geländes der heutigen Waldklause an einem kleinen Imbiss der Erzgebirgszweigvereins Einsiedel Speisen und Getränke verkauft. Die nebenstehend abgebildete, kunstvoll verzierte kleine Hütte stand an der Stelle der heutigen Waldklause. Und sie hieß auch so!
Das massive, unterkellerte Gebäude brannte beim alliierten Bombenangriff am 5. März 1945 ab.
(Foto: Friedrich Schimmel)
Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Reste der Sommerrodelbahn verkauft und erstmals an die Errichtung einer Ausflugsgaststätte gedacht. Geschuldet war dies der Tatsache, dass das weit über die Grenzen von Einsiedel hinaus bekannte Ausflugsziel Etablissement „Waldesrauschen“ 1946 abgebrannt war.
Das Grundgebäude und der Kiosk außen (“Waldschenke”) wurden 1955 über das NAW der DDR gebaut. Unter anderem wurde auch noch Restmaterial, welches geeignet erschien, aus der Ruine des “Waldesrauschen” geborgen und in der Waldklause verbaut. Leicht angekohlte Bretter und Balken kamen bei der Sanierung 1994 wieder zum Vorschein.
Auf den beiden nebenstehenden Fotos sehen wir diese erste Ausbaustufe in ihrem Zustand Ende der 1950er Jahre.
(Foto rechts: Hans Morgenstern)
Das Foto links zeigt uns die Räumlichkeiten in der ersten Ausbaustufe mit Tresen und den Wirtsleuten. Es ist nicht genau zu datieren, wurde vermutlich aber im Mai 1958 aufgenommen.
Eine Innenansicht des Gastraumes in der ersten Ausbaustufe. Man beachte den Kachelofen am rechten Bildrand.
Das Fenster hinter dem Raumteiler wird später entfernt werden, der bis zum Boden erweiterte Durchbruch wird der Übergang zum Gesellschaftssaal, Veranda genannt.
(Foto: Lutz Schüppel)
Eine Aufnahme aus dem Jahr 1962. Deutlich erkennen wir nun die Doppelflügeltür, die an die Stelle des rechten Fensters getreten ist und in den neu angebauten Saal führt.
Auch gibt es jetzt eckige statt runde Tische.
In etwa der gleiche Blickwinkel wie auf den beiden Fotos darüber, diesmal am 20. August 2004.
Jetzt, in dieser dritten, nach der Wende geschaffenen Ausbaustufe ist auch das linke Fenster verschwunden und wir gelangen an dieser Stelle in den Wintergarten.
So, Zeitsprung wieder zurück.
Sehr umfassende Erweiterungsbauten wie die Veranda, der Sanitärbereich und die Küche erfolgten in den Jahren 1959 bis 1963. Die beiden nebenstehenden “Rohbau-Fotos” dokumentieren diese weitgehenden Um- und Anbauten recht gut.
Oben links: Der hier noch im Rohbau befindliche nordöstliche Gebäudeteil wird später die Veranda (eigentlich ein kleiner Saal/Gesellschaftssaal) beherbergen. Dahinter, im Bild nicht sichtbar, das Küchengebäude. Dieses wiederum ist auf der Abbildung rechts (mit dem Pultdach) gut erkennbar.
(Fotos: links Hans Morgenstern, rechts Haus & Grund Einsiedel)
Ein Herbsttag in den 1960er Jahren.
Wir sehen die Waldklause in ihrer zweiten Ausbaustufe. Am äußeren Erscheinungsbild sollte sich nun nichts mehr ändern. Bis 1992 wurde das Gebäude in diesem Baustil genutzt. Dabei wechselten mehrfach die Betreiber, die alle der Handelskette “Konsum” unterstellt waren.
(Foto: Gabriele Hähle)
Der Biergarten vor dem Eingangsbereich im Jahre 1962, ein sehr weit verbreitetes Postkartenmotiv.
Der Gesellschaftssaal 1962. Zur Orientierung: Die beiden linken Fenster gewähren einen schemenhaften Blick in den Biergarten wie auf dem Foto darüber sichtbar. Heute ist dort der Wintergarten.
Die Fotopostkarte links lief postalisch am 19. August 1971 und zeigt uns die Inneneinrichtung von Gastraum und Gesellschaftssaal.
Rechts eine Außenansicht und der Gastraum. Der Tresen ist mittlerweile mit einen Regal überbaut.
Diese Karte lief am 20. Mai 1977.
Auch diese beiden Ansichtspostkarten haben eine weite Verbreitung erfahren.
Links die Freiluftwirtschaft “Waldschenke”, sie wurde über die ganzen Jahrzehnte hinweg rege genutzt.
(Foto: Gottfried Hadam)
Rechts: Ein Konzert anlässlich des Parkfestes 1957 direkt an der Waldschenke. Die hier gut zu sehenden Steinaufschichtungen finden wir auf dem linken Foto (links der Krippen) wieder, so lässt sich der Platz dieser Aufnahme gut lokalisieren.
Diese Steinaufschichtungen und die beiden Plateaus von Waldschenke und Parkplatz wurden übrigens bereits 1932 durch einen “Freiwilligen Arbeitsdienst” des Einsiedler “Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten” errichtet.
In den Zeit der Weltwirtschaftskrise wurde durch den Stahlhelmbund etwa 30 jungen Einsiedlern für ein halbes Jahr eine Arbeitsmaßnahme gegeben, im Zuge dessen wurden u.a. auch diese Flächen für den Erzgebirgsverein geschaffen, welcher wiederum die Maßnahme materiell und finanziell unterstützte. Wir alle haben bis jetzt noch etwas davon, auch wenn heute keiner mehr die Zusammenhänge kennt … woher auch.
Die Diaaufnahme links zeigt uns den wenige Meter unterhalb der Waldklause liegenden Parkplatz in den frühen 1980er Jahren.
Mit der Wende kam ein langsames und vorläufiges Ende. Nach zweijähriger Schließzeit wurde die Waldklause 1994 von der Gemeinde Einsiedel in einem sehr schlechten Zustand verkauft und ging in Privathand über. Die neuen Eigentümer sanierten das Anwesen bis Ende Oktober 1994 komplett, so dass am 3. November 1994 der Betrieb mit 2 Angestellten, einer kleinen Speisekarte und unzähligen Anfangsschwierigkeiten wieder aufgenommen wurde.
Bis 1996 verbesserte sich der Zuspruch ständig, was sich an der steigenden Besucherzahl und vielen Feierlichkeiten widerspiegelte.
Die Einstellung neuer Arbeitskräfte und ein neuer Bauabschnitt mit der Grundsteinlegung für das Gebäude der heutigen Pension und Kegelbahn waren die Folge. Beides wurde im Mai 1997 eröffnet.
Im Januar 1999 wurde schließlich noch der Eingangsbereich verglast und der Wintergarten mit Ausgang zur Sommerterrasse angebaut.
Das Foto zeigt den Eingangsbereich der Waldklause am 20. August 2004.
Auf Grund der Größe der Waldklause und der Waldlage ist es schwierig, das Gebäude zur Gänze zu fotografieren. Im Sommer ist es wegen der Vegetation gar nicht möglich, daher gibt es nebenstehend zwei Aufnahmen vom 21. November 2012.
Heute kann man sagen, dass die Waldklause einen würdigen Nachfolger des “Waldesrauschen” darstellt und die erfolgreiche Vorkriegstradition gehobener Gastwirtschaft in Einsiedel fortführt.
Foto links: Wenn Sie mit ungewöhnlichen Verkehrsmitteln anreisen, parken Sie beinahe unmittelbar vor der Eingangstüre…
Hintergrundwissen NAW:
Abkürzung für “Nationales Aufbauwerk” (der DDR), gegründet am 2. Januar 1952. An alle Bürger erging im gleichen Jahre der Aufruf, mit freiwilligen Arbeitseinsätzen die noch verbliebenen Trümmer in ihren Städten und Dörfern zu räumen und Neues aufzubauen. Der Neuaufbau (vor allem von Wohnraum) war dringend geboten, doch es fehlte in der DDR die Technik, um Ruinen zu räumen und neue Bauwerke zu errichten. Mit dieser Masseninitiative schaffte es die Regierung der DDR, die fehlende Technik zu kompensieren. Trotz immenser Schwierigkeiten wurden hohe Werte geschaffen. Das NAW beteiligte sich u.a. an der Stalinallee in Ostberlin, am Ostseestadion in Rostock und an der Erschaffung der Stalinstadt (seit 1961: Eisenhüttenstadt).
➡ Speziell in Einsiedel wurde neben der Waldklause auch die “Mühlbergschanze” 1961 erbaut.
Rechts: Werbeplakat von 1952 für das NAW.
Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:
- Lutz Schüppel
Passender, ergänzender Artikel zu dieser Seite:
- Anton-Herrmann-Straße 47: Etablissement und Gesellschaftshaus „Waldesrauschen Einsiedel“
Diese Seite wurde aus der Ursprungsversion (www.einsiedel.info, ab 2004), die seinerzeit mit einer speziellen Software (NetObjects Fusion) gestaltet worden war, fast identisch übernommen. Es kann hierbei manchmal zu Darstellungsproblemen kommen, in erster Linie deshalb, weil die eingefügten Bilder kleiner sind als die Aufnahmen, die wir seit dem Wechsel des Layouts bei allen neueren Seiten einfügen.
Die bildlichen und textlichen Inhalte stellen den Stand unserer Veröffentlichung zur Waldklause Einsiedel dar, wie er in der Version 2004, die über zehn Jahre (2004-2014) ausgegeben wurde, publiziert war. Für dieses Objekt liegen in unserem Archiv ergänzende Daten und Fotos vor.
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