Deutsche Reichspost – Deutsche Post – Deutsche Bundespost – Deutsche Post AG…
…bis 1999 änderten sich zwar die Namen, das Kernfeld der hier in der Hauptstraße 66 angebotenen Dienstleistungen blieb aber bis dahin gleich.
Das Gebäude hieß später kurzzeitig “Villa Schmidt”, da der Kaufmann und Gemeinderatsmitglied Robert Schmidt dieses sehr günstig erworben hatte.
Profitabel verkaufte er es weiter und so wurde hier dann 1931 das Einsiedler Postamt eingerichtet.
Nachfolgend zwei Vergleichsfotos der Gebäude am langjährigen Hauptstandort der Einsiedler Post in der Hauptstraße 66.
Zeittafel
Der Post-Betrieb in Einsiedel erfuhr im Laufe der Jahrzehnte wechselnde Standorte, ich denke es lohnt sich, an dieser Stelle etwas genauer darauf einzugehen.
1856
…erfolgt der Anschluss von Einsiedel an die Postkutschenlinie Annaberg-Gelenau-Chemnitz und am 1. August des Jahres wird die erste Einsiedler Poststelle im Lehngericht (Hauptstraße 76) eröffnet. Ein Robert Siegel wird erster Postverwalter. Das Foto rechts zeigt uns die Nachbildung einer damaligen Postkutsche zur 725-Jahr-Feier in Einsiedel 1980 in Höhe Anton-Herrmann-Straße 1.
1868
…wird die Post in das Grundstück Hauptstraße 49 verlegt.
1875
Am 9. Oktober erfolgt die Verlegung in das Bahnhofsgebäude.
1878
Am 1. Januar erneute Verlegung, Standort diesmal Wiesenstraße 3 (Restaurant “Kurbad”).
1900
In diesem Jahr wird das neue Rathaus in der Hauptstraße 79 fertiggestellt. Die “Kaiserliche Post” (so die richtige Bezeichnung) zieht ins Erdgeschoss des rechten Gebäudeflügels. Dem vorausgegangen waren schwierige Verhandlungen des Bauausschusses (Rathausbau) mit der Kaiserlichen Oberpostdirektion über die Höhe der Mietzahlungen.
1931
Weimarer Republik; für die nunmehrige “Deutsche Reichspost” wird das hier behandelte Gebäude Hauptstraße 66 erworben, ausgebaut und am 1. April d. J. eröffnet.
1945
Das Gebäude wird am 5. März beim Bombenangriff völlig zerstört, der Postbetrieb wird in der Veranda des Gasthofes “Drei Eichen” behelfsmäßig aufrecht erhalten.
1946
Im Postgrundstück Hauptstraße 66 wird eine Baracke aufgestellt.
Acht Jahre werden von hier aus die Dienstleistungen erbracht.
Das nebenstehende Foto zeigt uns diese Baracke recht gut. Rechts daneben sehen wir bereits das äußerlich fast fertig gestellte neue Postgebäude. Das 1945 ebenfalls zerstörte Bahnhofsgebäude fehlt noch völlig, obwohl dieses bis zum 31. Dezember 1954 auch neu errichtet und fortan genutzt wird. So lässt sich das Foto wohl 1953 zeitlich einordnen. In diesem Jahr besteht die Belegschaft des Postamtes Einsiedel aus sieben Personen, Postamtsstellenleiter ist Fritz Pröger.
1954
…ist es dann soweit. Ein neues Dienstgebäude ist an gleicher Stelle für die “Deutsche Post” entstanden und wird übergeben. Architektonisch wesentlich einfacher als sein Vorgänger gehalten, bietet es aber reichlich Platz. Im Erdgeschoss befanden sich neben Verwaltungsräumen mehrere Schalter und Telefonzellen. In der ersten Etage war das Fernmeldeamt und ein Kulturraum für die Postangestellten. Für diese waren ebenso Wohnungen im Gebäude integriert.
Auf dem Banner an der Fassade lesen wir “Für Einheit und Frieden!”. Nun, das Werben für die Einheit Deutschlands wird sehr zeitnah verschwinden und nimmt dann bekanntlich erst ab 1989 wieder Gestalt an.
1955
Im Bezug auf dieses Jahr schrieb Wolfgang Röhr in der „Deutschen Zeitung für Briefmarkenkunde Nr. 14/1970“:
… „Ein bedeutendes Ereignis in der wechselvollen Postgeschichte von Einsiedel war es, als nach dem Tode des Amtsleiters Fritz Pröger erstmals eine Frau als Leiterin des Postamtes eingesetzt wurde. Seitdem sind 15 Jahre vergangen in denen Frau Martha Dost erfolgreich das kleine Postkollektiv leitet.“
Aus der Ära ab 1954 gibt es interessante Aufnahmen, die ich hier natürlich nicht vorenthalten will.
Die frühen 1960er Jahre.
Die Angestellten des Einsiedler Postamtes 1967 im Kundenraum. Gegenüber befanden sich die Schalter.
Interessant das (halbe) Wandgemälde im Hintergrund, es zeigt die Weltkugel mit markanten Bauwerken und Briefmarken. Rechts daneben ein Sichtkasten mit dem aktuellen Briefmarkenangebot.
Dieses Gemälde gibt es heute nicht mehr. Rechts die wahrscheinlich letzte Aufnahme davon, September 2004.
1974 – ein Propagandafoto des „Institut für Post- und Fernmeldewesen Berlin“.
Rechts die Poststellenleiterin Obersekretär Martha Dost.
Auf dem Stuhl vorne links sitzt Inge Georgi, von 1961 bis 1990 Postangestellte am Postamt Einsiedel, letzter Dienstrang Oberassistent, tätig im Zustell- und Innendienst.
Lange Jahre wurde die Post noch mit großen hölzernen Karren verteilt. Die Aufnahme unten ist an der Einsiedler Neuen Straße entstanden, hier war ja alles noch eben. Aber betrachten wir die vielen Straßen in Einsiedel, die sich die Hänge im Osten und Westen hochziehen, sehen wir die Dienstleistungen der seinerzeitigen Postangestellten (oft Frauen) mit anderen Augen.
Inge Georgis Tochter Gabriele Hähle schrieb mir aus den Erinnerungen Ihrer Mutter im Februar 2015 den nachfolgenden Bericht:
Der Zustelldienst war für alle Postangestellten auch eine körperlich schwere Arbeit und das bei Wind und Wetter über Berg und Tal. Die Posttasche war schwer zu schleppen. Bis in die 70er Jahre zogen die Zusteller für Zeitungen, Zeitschriften und Päckchen Handwagen oder Schlitten als Transportmittel auf der Zustelltour hinter sich her.
Später wurde als Neuerung des Hauptpostamtes ein Handziehwagen aus Metall eingeführt, der selbst ein stolzes Eigengewicht hatte und im bergigen Gelände schwer zu bewältigen war. Die Frauen nahmen dann trotzdem lieber den hölzernen Handwagen. Der Metallwagen war nur im Tal einsetzbar.
Anfang 80er Jahre bekam das Postamt Einsiedel einen Post-Trabi Kombi zugeteilt. Damit konnten nun die Zustellung der Paketpost und auch eine Neuerung, die Ablagen von Zeitungspaketen auf den Postzustell-Touren in Häusern, durchgeführt werden. So konnten die Zusteller die Zeitungen von Ablagestelle zu Ablagestelle in die Posttasche einordnen und die Haushalte beliefern. Dieses Ablagesystem, erdacht vom Hauptpostamt, war eine sehr wesentliche Arbeitserleichterung.
Frauentagsfeier zum 8. März mit der Patenklasse der POS „Carl von Ossietzky“ Einsiedel im Paketraum in den 1980er Jahren.
Rechts ein Einladungsschreiben für ein Essen anlässlich des 20. Dienstjubiläums von Inge Georgi 1982. Zum Zeitpunkt war nur noch ein Mann, der Poststellenleiter Uwe Otto (auf dem Kutschbock) aus Burkhardtsdorf, im Postamt beschäftigt – sonst nur Frauen.
(Originalposter 1,30 x 0,5 m von Gabriele Hähle)
1990
Im Zuge der Wiedervereinigung wird die “Deutsche Post” (der DDR) in die “Deutsche Bundespost” eingegliedert.
1995
Das Gebäude wird saniert. Durch die Privatisierung wird aus der “Deutschen Bundespost” die “Deutsche Post AG”.
1998
Eine sogenannte “Post-Agentur” wird am 1. Juni 1998 in den “Zeitschriftenshop Bernd Obermaier” (Am Plan 6) integriert.
1999
Die Postfiliale in der Hauptstraße 66 schließt am 30. Juni endgültig.
2000
Die Post-Agentur im “Zeitschriftenshop Bernd Obermaier” schließt zum
30. November und eröffnet am 1. Dezember in der “Quelle-Agentur Hofmann” in der Einsiedler Hauptstraße 83.
2004
Im Januar zieht in das Postgebäude Einsiedler Hauptstraße 66 die Sicherheitsfirma „Argus“ ein und nutzt das Haus fortan für dienstliche Zwecke.
Das nebenstehende Foto vom Herbst 2004 zeigt uns das Gebäude von der Hofseite, vom Turm des Rathauses aus aufgenommen.
Links vom Gebäude befindet sich die Hofeinfahrt für die Postautos. Bei der Neuerrichtung des Hauses 1953/54 wurde an der rückwärtigen Seite für die Be- und Entladung des Postgutes eine Laderampe angebaut, an der sich der Paketraum im Erdgeschoss anschloss. Die abgefertigten Postfahrzeuge konnten Richtung Hauptstraße den Posthof verlassen.
2008
Die “Quelle-Agentur Hofmann” in der Hauptstraße 83 gibt unter dem 30. November ihr Geschäft auf.
Im Zuge dessen werden die Dienstleistungen der “Deutschen Post AG” ab 1. Dezember von Lothar Schlaffke im “Modehaus Einsiedel”, Hauptstraße 82 angeboten.
Das Foto rechts zeigt Lothar Schlaffke am 16. Januar 2015.
Vorerst Abschluss dieser Seite sollen zwei Fotos bilden, die seit 1970 jährlich im Dezember ein markantes Bild in Einsiedel darstellen: Das (ehemalige) Post-Gebäude mit der Weihnachtspyramide davor. Für die Pyramide gibt es bekanntlich im Heimatwerk Einsiedel eine separate Seite, so dass an dieser Stelle nicht darauf eingegangen wird.
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