Ehemalige Ortslistennummer/Brandkatasternummer (nicht bekannt)
Schusterei Max Reichel, Thams & Garfs-Filiale Curt Sand und viel mehr…
Das uns heute unter den Hausnummern 27 und 29 bekannte Einzelgebäude war früher ein Doppelhaus. Es waren dementsprechend auch zwei Grundstücke mit eben diesen Nummern 27 und 29.
Zum Aufnahmezeitpunkt des nebenstehenden Fotos (Anfang 1938) befand sich in der linken Gebäudehälfte, der Nr. 27, das Lebensmittelgeschäft von Curt Sand, wir kommen nachfolgend darauf zurück.
(Foto: Hans-Joachim Barthel)
Das Gebäude Nr. 27 wurde vom Ehepaar Reichel errichtet. Max Reichel betrieb im Laden im Erdgeschoss ein Schuhgeschäft und führte auch entsprechende Reparaturen aus. Links eine Annonce aus dem Jahr 1926.
Anfang Januar 1933 war großer Ausverkauf und Max Reichel gab im Zuge der Weltwirtschaftskrise sein Geschäft auf. Schon damals zeigten sich die uns heute nur allzu gängigen Erscheinungen großer Handelshäuser – die Einsiedler kauften Ihre Schuhe in der nahen Großstadt in den großen Kaufhäusern … und heute im Internet …
Nachfolger im Geschäft Ende Januar 1933 war dann der oben erwähnte Curt Sand, der hier eine Filiale des 1908 in Hamburg gegründeten Kaffeeversand- und Handelshauses “Thams & Garfs” etablierte. Die Sortimentsbreite der Thams & Garfs-Geschäfte umfasste den Lebensmittelhandel im weiten Sinne, also nicht nur Kaffee, Tee usw.
Also, liebe Redakteure vom Heimatwerk, früher sprach man seltener von einer “Filiale”, der gebräuchliche Begriff seinerzeit dafür war “Niederlage”.
Oh Pardon! Wir geloben Besserung!
Also Niederlage (ehe es den nächsten Anschiss gibt).
Von dem Foto links wurde lange Zeit geglaubt, dass es die Thams & Garfs-Niederlage in Einsiedel zeigt, was aber nicht der Fall ist. Wir haben das Bild trotzdem hier integriert, um dem Leser eine kleine visuelle Vorstellung eines solchen Geschäftes zu geben. (Die Aufnahme zeigt vermutlich eine Niederlage Burkhardtsdorf oder Flöha.)
Zum damaligen Inhaber, der Familie Sand, sind einige Daten bekannt. Curt Sand gilt als im Krieg vermisst. Seine Ehefrau mit den beiden Kindern Margit und Wolfgang wurde in ihrer Wohnung (Hans-Schemm-Straße 5 oder 7) ausgebombt und wohnte dann eine Zeit lang im Hinterzimmer des Geschäfts. Sie handelte hier bis in die 1950er Jahre auch noch mit Lebensmitteln, konnte den Laden später aber, aus derzeit unbekannten Gründen, nicht mehr halten.
Auch für die andere Gebäudehälfte, die Nr. 29, finden sich einige Daten. Links und rechts zwei Annoncen von 1926 (Vorlage: Ingobert Rost).
Nachfolger von Max Bauch wurde das Ehepaar Heinrich, ebenfalls Fleischer, die nach Zerstörung des Gebäudes das Geschäft vom Hinterhaus aus betrieben, d.h. sie schlachteten und verkauften auch von dort aus.
Ansonsten war in dieser Gebäudehälfte jeglicher Geschäftsbetrieb erloschen.
Das Foto aus dem Jahre 1955 zeigt uns recht deutlich, wie nah Glück und Unglück oft beieinander liegen.
Während die Nr. 27 im Bombeninferno des 5. März 1945 nahezu unbeschädigt blieb, wurde die 29 völlig zerstört.
Diese Gebäudehälfte wurde später abgetragen und bis heute nicht wiedererrichtet.
(Foto: H+G Einsiedel)
Nach Frau (Vorname?) Sand führte der Konsum eine Zeit lang den Lebensmittelhandel weiter, später wechselte das Sortiment zu Textilien. Die Filiale wurde dann in die Hauptstraße 103 verlegt und der Laden zu einer Wohnung umgebaut.
Nebenstehend ein Foto aus dem Jahre 1953, zum Zeitpunkt wurde das Geschäft noch von Frau Sand geführt.
(Foto: H+G Einsiedel)
Links eine Aufnahme Ende der 1950er Jahre, rechts ein Bild aus den 1960er Jahren, der Konsum ist geschlossen.
Bis etwa 1970 betrieb einer von Max Reichels Schwiegersöhnen, Erich Weber, hier im Hause noch ein kleines Fuhrgeschäft. Weber (Spitzname „Tank“) spielte in seiner Jugendzeit erfolgreich bei der SG Einsiedel (vor- und nachmals Viktoria 03) als Stürmer.
(Fotos: links Willi Fiebig, rechts Bernd Obermaier)
Links: Der Giebel ohne Fenster und die vorstehende Esse lassen uns auch am 17. Februar 2008 noch erkennen, dass hier früher ein Gebäude unmittelbar angebaut war.
Das Gebäude am 1. Juni 2009.
Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:
- Hans-Joachim Barthel, Kiefersfelden
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