Ein Gemälde von Werner Juza
Die auf dieser Seite veröffentlichte Bildbeschreibung des Altarbildes in der Kirche Einsiedel stammt aus einer kleinen Broschüre, herausgegeben von der Kirchgemeinde Einsiedel im Jahre 2000.
Die Beschreibungen der nachfolgenden, einzelnen Bildausschnitte wurden aus diesem Heft entnommen.
Der kursive Text ist das geistige Eigentum seines Autors Stefan Thiele und wird mit dessen freundlicher Genehmigung hier im Heimatwerk Einsiedel publiziert.
Das 9 m hohe und 5 m breite Gemälde hinter dem Altartisch wurde in den Jahren 1965/66 von Werner Juza aus Wachau bei Radeberg geschaffen. Es gibt dem weiten Kirchenraum die entsprechende Mitte und hat damit die Funktion des früheren Kanzelaltares übernommen.
Das Gemälde ist in fünf inhaltliche Abschnitte gegliedert.
Die untere Zone zu beiden Seiten der Sakristeitür nehmen Darstellungen menschlicher Grausamkeit im doppelten Sinne auf:
Rechts eine Gruppe von KZ-Häftlingen, die von den Stockschlägen eines rohen Lageraufsehers fast zu Tode gebracht werden. Links davon betrachtet ein mit dem Rücken zum Betrachter stehender, akkurat dastehender “Rassemensch” zwei an einen Pfahl gefesselte Opfer.
In inhaltlichem Zusammenhang mit dieser Szene steht die Gruppe unmittelbar darüber:
Menschen, die aus ihren brennenden Häusern geflüchtet sind, unter ihren Füßen züngelnde Flammen – entfacht von einem Weltbrand, den der General mit der Bombe am rechten Bildrand zu verantworten hat. Er trägt eine Bombe vor sich her, hinter ihm lugt bereits der Tod hervor, den er damit verbreiten wird und dennoch ist seine Uniform übersät mit Orden und Abzeichen. Ein unmittelbarer Bezug zur eigenen Geschichte wird hier der Gemeinde vor Augen gestellt, die Erinnerung an den 5. März 1945 und seine Folgen. In den Gesichtern der Geretteten kann man alle Gefühlsregungen angesichts einer solchen Katastrophe lesen: Vom hoffnungsvollen Blick auf den Gekreuzigten über fassungsloses Entsetzen bis hin zur Abwendung des Blickes vom Kreuz wie bei der Mutter mit dem Kind. Die Tränen dieser Leidgeprüften, übernatürlich groß hervorgehoben, schreien dem Kreuz entgegen.
Menschliche Rohheit ganz anderer Art zeigt die Gruppe linkerhand der Tür (…der Sakristeitür – der Verf.).
Egoismus: Der reiche Prasser, der sich die “Käuflichkeit” Frau erwirbt, mit seinem Geld nicht mehr wohin weiß, obwohl zu seinen Füßen ein Bettler und ein Obdachloser liegen. Daneben eine Gestalt, deren Kopf ob seiner Arroganz völlig versteinert ist. Der Konsumierer, dessen Gesicht zu einer einzigen Fratze mit riesigem Schlund entstellt ist. Und schließlich die Gruppe hemmungslos und ausgelassen tanzender Jugendlicher, denen alles um sie herum gleichgültig zu sein scheint.
Über der Tür wird die Gestalt eines Mannes mit einem aufgeschlagenen Buch von einer Gruppe Männer umringt. Das Buch enthält eine falsche, von Gott wegführende Lehre. Der “falsche Prophet” in der Mitte trägt die Gesichtszüge von Walter Ulbricht, dem marxistischen Staatsmann der DDR. Einer unter seinen Zuhörern wagt den Aufblick zum Kreuz, er steht für die vielen Unentschiedenen in der Welt.
Am linken Bildrand findet man Szenen aus dem menschlichen Alltag: Die junge Familie mit dem Kind, die Arbeitenden an einem Werkstück, der Maler mit seiner Palette und auch der unter Bestrahlung liegende Krebskranke.
Darüber steht die sonntägliche Gottesdienstgemeinde mit all ihren Gliedern, von der jüngsten Generation bis ins Alter hinein, der Krüppel ebenso wie die Gesunden.
Das Zentrum des Bildes und darüber hinaus auch des gesamten Kirchenraumes stellt das übergroß betonte Kreuz mit der Gestalt Jesu dar. Das Kreuz wird trotz seiner Funktion als Marterinstrument zum Schlüssel für die Tür zu Gott. Die Arme des Gekreuzigten sind weit ausgebreitet, wirken einladend und umfangen mit ihrer Liebe alle, die sich darunter stellen. Das Haupt Jesu neigt sich tief herunter zu seiner Gemeinde – und auch zu den übrigen Menschen in all ihrer Befangenheit und Sündhaftigkeit. Die Einladung Jesu geht an alle Leute. Das vergebene Blut des Erlösers trifft auf den, der sich unter das Kreuz geworfen hat. Er steht an der Schwelle zur neuen Welt Gottes. Dessen Worte tragen die vier Evangelisten, hier symbolisiert durch Engel mit ihren Namenszügen, in die Welt hinaus. Die Gemeinde auf der anderen Seite erlebt den Gekreuzigten und Auferstandenen nicht nur durch das Sakrament – Taufe und Abendmahl – das von drei Engeln linksseitig des Kreuzes dargebracht wird. Fest und doch schwerelos treten die Botschafter Gottes hier vor die Gemeinde. Als Zeichen des Gerichtes steht vor der Gruppe der Evangelisten-Engel ein Cherub, ein sechsflügeliger Engel, den Gott als Paradieswächter eingesetzt hat und dessen Aufgabe sich mit der Wiederkunft Christi erfüllen wird. Über dem Kreuz öffnet sich die neue Gotteswelt, zu der die pilgernde Kirche unterwegs ist. Die Hand des Vaters weist auf den Opfertod seines Sohnes hin. Rechts davon schwebt die Taube des Heiligen Geistes, gemeinsam mit der Hand und dem Kreuz die Dreieinigkeit ergebend. Lobpreisende, anbetende Engelsgestalten lassen das Bild nach oben hin ausklingen.
Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:
- Stefan Thiele
Autor der obenstehenden, umfassenden Beschreibung des Gemäldes - Johannes Dziubek
Einsiedler Pfarrer, der es uns am 24. Februar 2007 ermöglichte, das Gemälde zu fotografieren
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