Clemens Lessig
Zweiter evangelischer Pfarrer zu Einsiedel
Vorab zur Schreibweise seines Namen:
Im 1580 gedruckten Konkordienbuch zu Leipzig wird er „Lessigk“ geschrieben, er selbst hat sich bald „Lessick“ oder „Lessig“ geschrieben. Die letzte Unterschrift, die von ihm vorliegt, lautet Lessig, darum halten wir uns im Nachhinein an diese Schreibform.
Clemens Lessig wurde (mit großer Wahrscheinlichkeit) 1525 in Jahnsdorf nahe Chemnitz geboren. Obwohl um diese Zeit die Lehre Luthers hier im albertinischen Sachsen auf große Zustimmung stieß, wurde Lessig noch katholisch getauft. Der Grund war recht einfach – es gab in Jahnsdorf um diese Zeit noch keinen evangelischen Pfarrer, da der Landesherr, Herzog Georg der Bärtige, die vordringende Reformation mit allen Mitteln (…vor allem Verboten und Strafen) aufzuhalten versuchte.
Schon als junger Knabe verlies er deshalb seinen Heimatort in Richtung Joachimsthal (Sudeten), um dort in Böhmen die evangelische Schule von Johannes Mathesius zu besuchen. Mathesius war ein Schüler und Freund Luthers und mit seinen Lehren in Joachimsthal gut aufgehoben, da das Königreich Böhmen sich früh zum Protestantismus bekannte.
Als Kurrendeschüler musste sich der junge Lessig mit Gesang in den umliegenden Dörfern sein Brot an der Schule verdienen, die Unterkunft indes war frei, weil er so arm war.
Nach 1540, der genaue Zeitpunkt ist unbestimmt, ging Clemens Lessig nach Breslau (Schlesien), um hier seine Studien fortzusetzen. Vermutlich hat er dort die St.-Elisabeth-Schule besucht.
Danach zog er nach Magdeburg. Der ausbrechende Schmalkaldische Krieg ließ ihn hier nicht lang verweilen, am 19. Januar 1548 wurde er schließlich in Wittenberg immatrikuliert. Hier in dieser Universität lebte der Geist Martin Luthers nach dessen Tode 1546 ungezähmt weiter.
Nur zwei Jahre lernte Clemens Lessig in Wittenberg. Er verließ die Universität ohne einen akademischen Titel, wohl aber mit umfangreichen Wissen und den erforderlichen Erkenntnissen für ein Amt als Prediger.
Kurz darauf erhielt er sein erstes Pfarramt in Großmilkau bei Rochlitz. Trotz äußerst geringer Einkünfte heiratete er hier zwischen 1550 und 1553 eine namentlich nicht bekannte Frau. 1553 wurde ihm sein Sohn Matthias geboren.
1554 fand er vermutlich eine “fettere” Pfarre in Burkhardtsdorf, die er gegen die “magere” von Großmilkau tauschte.
1558 übernahm er erneut in ein Pfarramt, diesmal in Neukirchen. Zum vierten und letzten Male schließlich wechselte er 1562 nach Einsiedel. Hier folgte er dem Ruf Abrahams von Einsiedel auf Scharfenstein, einem Sohn des Ritters Heinrich von Einsiedel.
Einsiedel war im 16. Jahrhundert ein recht kleiner Ort, Bauern und Leineweber arbeiteten hier für ihr karges Leben. Um 1578 wird aus der Einsiedler Pfarre berichtet „das nur 16 Kinder getauft, sechs Leichen begraben und sieben Paare getraut wurden“.
Clemens Lessig hatte es – wie in seinen Ämtern zuvor – auch in Einsiedel anfangs schwer, um über die Runden zu kommen. Später wurde es besser und er hatte nur noch selten Grund zur Klage.
Über seine späteren Einkünfte in der Einsiedler Pfarre sind wir genau unterrichtet. Wie damals üblich bestanden diese aus Naturalien und baren Einnahmen. 1575 erhielt er „…an Ergebnis von dem Richter des Ortes und von vier Bauern als Zehnten auf Grund einer alten in die Matrikel aufgenommenen Vereinbarung.“ An so genanntem “Opfergeld” erhielt er jährlich etwa 4 Pfennig pro Person. Höher waren die Einnahmen bei den Akzidenzien, nur waren diese von Geburt, Leben und Sterben in seiner Gemeinde abhängig. Er erhielt drei Groschen für eine Trau- oder Leichenrede, zwei Groschen für eine Trauung ohne Rede, je einen Groschen für ein Aufgebot und das Einsegnen einer „alten Leich“. Sechs Pfennig wurden fällig bei einer Kindstaufe, einer Krankenkommunion oder einer „jungen Leich“.
Auch die Naturalabgaben, die er erhielt, sind überliefert: 48 Bauern, die eigenen Grund und Boden besaßen, lieferten ihm 18 Scheffel Getreide, zwei Scheffel Hafer und einen Scheffel Gerste. Lessig selbst hatte zur Eigennutzung eine Hufe Land zugeteilt bekommen, die einen Ertrag von zwei Scheffel Getreide, zehn Scheffel Hafer und einen Scheffel Gerste abwarf. Vier Fuder Heu und zwei Fuder Grummet brachte diese Hufe im Laufe eines Jahres auch noch ein.
Sein Lehnherr ließ ihm außerdem jährlich aus seinem Walde 20 Klafter Feuerholz holen, halb Buche, halb Tanne, aber Lessig musste es selbst schlagen und auch einfahren.
Seine Heimstatt, das Pfarrhaus, wird eine „gute Behausung“ genannt. Eine Inventarliste von 1575 gibt uns einen guten Überblick: „drei Siebmaß Korn auf dem Felde, zwei Siebmaß Weizen und drei Siebmaß Korn auf dem Boden, drei Siebmaß Gerste, vier Scheffel Hafer, vier Kühe, zwei Tische in der Stube, ein gar klein zinnern Schüsselchen, eine alte Bratpfanne, ein alter kupferner Ofentopf, ein klein Kesselchen in der Badstube ist gestohlen worden, ein Handfeger, drei gar geringe Federbettlein, ein kurzes Pfühl, ein Tischtuch, ein Stuhl in der Stube.“
Hinter den Pfarrhaus befand sich der Obstgarten. Im Stall standen vier Kühe und auf dem Hofe tummelten sich Hühner und Gänse. Das Geflügel stammte zum Teil von den Bauern, die auf Lessigs Weide ihr Vieh hüten durften.
Korn, Gerste und Hafer lieferten ihn auch die eingepfarrten Nachbardörfer Dittersdorf und Erfenschlag.
Ganze 33 Jahre blieb Clemens Lessig als Pfarrer seiner Einsiedler Gemeinde treu, bis er 1595 -70jährig- hier im Ort zu Grabe getragen wurde.
Nach dem Kirchenneubau verschwand 1828 das alte Gotteshaus, in dem er gepredigt hatte. Sein Pfarrgut und sein Grab finden wir heute nicht mehr. Vielleicht wurde er auch in der alten Kirche bestattet. Sein Haus, das alte Pfarrgut am Standort der heutigen Kirche, brannte am 25. September 1740 ab. Das Feuer vernichtete neben den Gebäuden auch die vielen kirchlichen Unterlagen, die uns heute bei historischen Forschungen so schmerzlich fehlen. Das Pfarrgut wurde an anderer Stelle (Harthauer Weg 2) neu errichtet und man begann 1740 mit der Führung eines neuen Kirchbuches. Dort lesen wir auch, das es seinerzeit eine Kanzeltür gab, an der der Name Clemens Lessius angeschrieben war. Sicher ist auch diese Tür nach dem Abriss der alten Kirche 1828 verbrannt worden…
Es sind einige Schriftstücke mit Clemens Lessig Unterschriften erhalten, nachfolgend zwei Faksimile-Abdrucke aus seiner Einsiedler Zeit.
1577: Clemens Lessig Unterschrift unter die Konkordienformel
1591: Clemens Lessig Unterschrift unter der Verordnung: “Betreff: Abschaffung des Exorzismus”
Das Verwandtschaftsverhältnis Clemens Lessig – Gotthold Ephraim Lessing
Clemens Lessig * 1525 † 1595 | Ehefrau namentlich nicht bekannt (Lebensdaten nicht bekannt) |
Matthias Lessing * 1553 † 29. Mai 1624 | Ehefrau namentlich nicht bekannt * ca. 1557 † (Sterbedatum nicht bekannt) |
Mag. phil. Christian Lessing * ca. 1580 † zwischen 1621 und 1624 | Catharina Bötticher * (Geburtsdatum nicht bekannt) † nach 1631 |
Christian Lessing * ca. 1607 † zwischen 1672 und 1685 | Dorothea Becker * Februar 1620 † 31. März 1701 |
Theophilus Lessing * 12. April 1647 † 4. November 1735 | Anna Dorothea Hillmann * 6. Februar 1671 † 6. Oktober 1719 |
Mag. phil Johann Gottfried Lessing * 24. November 1693 † 22. August 1770 | Justina Salome Feller * 3. November 1703 † 7. März 1777 |
Gotthold Ephraim Lessing * 22. Januar 1729 † 15. Februar 1781 |
Die oben stehenden Daten dieser Seite und die Faksimile seiner Handschriften wurden uns von Rahel Lessing und Mark A. Waldmann, Hannover, zur Verfügung gestellt. Beiden möchten wir an dieser Stelle noch einmal mit besonderem Nachdruck danken.
Die im oberen Kapitel über Clemens Lessigs Lebensdaten kursiv geschriebenen Texte sind wörtliche Zitate aus dem Buch “Die Geschichte der Familie Lessing”.
Arend Buchholtz, Berlin 1909
Nachbrenner September 2016
Wir können die Geschichte weiterschreiben. Einige fehlende Daten in der Tabelle oben finden sich nun nachfolgend in der Leichenpredigt vom Clemens Lessigs Sohn Matthias Lessing. Dazu recherchierte Tilman Thomaschke, Berlin. Er ist einer von so vielen Nachfahren und hat uns den nachfolgenden Artikel und die beiden Scans zur Verfügung gestellt. Hierfür ganz herzlichen Dank!
Anmerkungen zum Lebenslauf des Clemens Lessig
Clemens Lessig gehörte zu den ersten Pfarrern mit evangelischer Ausbildung. Als Chemnitz bis 1539 noch katholisch war, ging er längst auf die evangelische Lateinschule im böhmischen Joachimsthal. 1547 endete der „Schmalkaldische Krieg“ um die Reformation, unter dem u.a. die Stadt Zwickau stark zu leiden hatte. Ein Jahr später studierte Clemens Lessig schon Theologie in Wittenberg, wo weiterhin Philipp Melanchthon lehrte. Und schon 1550 bekam er seine erste Pfarrstelle.
Als evangelischer Pfarrer durfte er heiraten, die Lessigs bekamen 1553 den Sohn Matthias. Dieser wurde Pfarrer in Schkeuditz bei Leipzig. Er starb 1624. Wie es damals üblich war, wurde die Predigt für seine Beerdigung gedruckt. Sie ist Teil der Sammlung „Stolberger Leichenpredigten“ im Harz, denn Schkeuditz gehörte nicht zu Sachsen, sondern kirchenrechtlich bis heute zu Sachsen-Anhalt.
Bei den Angaben zur Person von Matthias wird auch der Name seiner Mutter genannt, also der Name der Ehefrau von Clemens Lessig aus Einsiedel. Demnach hieß sie Walpurgis. Der Vorname Walpurgis verweist auch auf den Harz mit seiner Tradition der Walpurgisnacht. Wobei die Walburga des 1. Mai eine Heilige aus dem 8. Jahrhundert ist. Da in vergleichbaren „Leichenpredigten“ die Namen der Mütter in ihrer Grundform genannt werden, ist davon auszugehen, das Clemens Lessigs Frau tatsächlich Walpurgis und nicht „eigentlich Walburga“ hieß. Sie war die Tochter von Oßwald Zahn aus Stolberg, wahrscheinlich aus Stolberg im Harz und nicht Stollberg im Erzgebirge.
Dass Clemens Lessig dann als Pfarrer in Einsiedel 82 Jahre alt wurde, wie es in den Angaben der genannten Predigt heißt, ist unwahrscheinlich. Er war auch nicht 47 Jahre lang Pfarrer in Einsiedel. 47 Jahre ergeben sich aber, wenn man sein Theologiestudium und die Jahre als Pfarrer verschiedener Gemeinden zusammenzählt. Aus dem kirchlichen Bericht über eine Visitation geht hervor, dass er 1525 geboren wurde. Als Clemens Lessig 1595 starb war er demnach 70 Jahre alt, wie im Lebenslauf der Freunde vom Heimatwerk Einsiedel angegeben.
Tilman Thomaschke, ein später Nachfahre der Familie Lessig, 2016
Nachbrenner November 2016
Steffen Scholtz, Gornsdorf, stellte uns ergänzend zur Thematik eine Datei zur Verfügung: Leßig: Familienrekonstruktion für Dittersdorf/b. Zschopau
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